Die Albaner sind trotz der 0:1-Niederlage gegen die Schweiz mit ihrer EM-Premiere weitgehend zufrieden. Zum persönlichen Drama wurde das Spiel nur für den vom Platz gestellten Captain Lorik Cana.
Die Albaner schreiten gemächlich durch die Katakomben des Stade Bollaert-Delelis von Lens. Sie sind schick gekleidet, im Anzug mit Weste darunter und Krawatte. Sie sind die Verlierer im EM-Startspiel gegen die Schweiz. Doch als Geschlagene sehen sie sich nicht. «Das Positive überwiegt», sagte Mergim Mavraj, der Verteidiger des 1. FC Köln. Das zeigt: Es ging für Albanien nicht nur um das Spiel an diesem Nachmittag, nicht nur ums Resultat.
Die Art, wie sich Publikum und Mannschaft präsentierten bei dieser albanischen Premiere auf der grossen EM-Bühne, war fast ebenso wichtig. Den Test haben beide bestanden. Die Fans waren heissblütig, aber jederzeit fair. Die Mannschaft schnupperte am Ende trotz Unterzahl sogar an einem Punktgewinn. Deshalb durfte Ermir Lenjani, in der Schweiz aufgewachsen, zufrieden bilanzieren. «Es war alles in allem ein schönes Erlebnis.» Man habe zwar «den Start völlig verschlafen», sich danach aber «immer mehr zurecht gefunden».
Lehrgeld bezahlte einer, der eigentlich kein Lehrling mehr ist, auch nicht auf den grösseren Fussball-Bühnen. Cana spielte für Paris Saint-Germain und Lazio Rom, nun ist er bei Nantes engagiert, einem der populärsten Vereine Frankreichs mit grosser Vergangenheit. Und Cana spielte zwischen 2005 und 2009 für Olympique Marseille. Gerade dies lässt die Geschichte um den Platzverweis zum persönlichen Drama werden.
Am Mittwoch spielt Albanien nämlich ausgerechnet in Marseille sein zweites Gruppenspiel gegen Frankreich. Cana besitzt in der Stadt ein Haus, er bezeichnet Marseille als seine zweite Heimat nach Albanien. Seit der Auslosung im Dezember freute er sich auf dieses Spiel. Es hätte sein Spiel des Lebens werden sollen, denn: «Ich wohne nur 15 Autominuten vom Stade Vélodrome entfernt.» Um dieses Spiel hat sich Cana nun gebracht. Unter das Positive und den Stolz mischte sich so doch noch eine Prise albanische Traurigkeit.