Gleich vier namhafte Chefbeamte verlassen dieses Jahr die Basler Verwaltung.
Es fällt Fritz Schumacher (64) schwer, loszulassen. Zugeben würde er das jedoch nicht. Es gehört sich in seinem Job als Kantonsbaumeister nicht, Emotionen zu zeigen. Lässig sitzt Schumacher im Sitzungszimmer seines Imperiums an der Rittergasse. Die Art und Weise, wie er über seine Arbeit spricht, verrät allerdings, wie sehr er mit seinem Abgang hadert.
Noch bis Ende Jahr ist Schumacher Leiter Städtebau und Architektur im Bau- und Verkehrsdepartement – und besetzt somit einen der begehrtesten und prestigereichsten Posten in der Basler Verwaltung überhaupt. Eigentlich hätte er schon Ende 2012 mit 63 Jahren aufhören sollen. Doch er wollte nicht und beantragte bei seinem Chef, Regierungsrat Hans-Peter Wessels, eine Verlängerung um zwei weitere Jahre. Nun läuft auch diese Frist ab. Für Schumacher ist das in Ordnung so. Sagt er zumindest.
«Ich habe die Frist verlängert, weil ich diese Arbeit immer noch sehr gerne mache. Es ist schön, dass dies geklappt hat – es stimmt aber für mich jetzt, mit 65 Jahren einen neuen Lebensabschnitt anzufangen.» Es bleibt ihm auch nichts anderes übrig. Schumachers Stelle wurde vor Kurzem ausgeschrieben, ein Traumjob muss neu besetzt werden. Die Personalabteilung des Bau- und Verkehrsdepartements wird dementsprechend von Bewerbungen überflutet. Basel als oberster Chef gestalten wollen viele.
Mehr Hülle als Inhalt
Gibt Fritz Schumacher Ende Jahr seinen Büroschlüssel ab, hat er 21 Jahre als Kantonsbaumeister auf dem Buckel. Zwei Jahrzehnte im Schaufenster. Zahlreiche Projekte dieser Stadt tragen seine Handschrift: die Nordtangente, das Quartier Erlenmatt, die neuen Überbauungen im St. Johann – die Liste ist lang.
Er hinterlässt aber nicht nur etliche Bauwerke, sondern auch einige Feinde. Schumacher sei ein Kantonsbaumeister, der mehr auf die Hülle als auf den Inhalt schaue, heisst es aus Architektenkreisen und anderen Departementen. Er habe mehr die Dekoration im Auge, die Gesamtentwicklung hingegen weniger. Schumacher reagiert, darauf angesprochen, gelassen. Er sagt: «Inhalt und Form lassen sich bei dieser Arbeit nicht trennen. Meinen Job auf die Stadtverschönerung zu reduzieren, ist eine krasse Fehlbeurteilung meiner Arbeit und meiner Wirkung.» Er könne jedoch gut leben mit dieser Kritik, sie sei nicht relevant für ihn. Schumacher hat eine dicke Haut. Kritik prallt an ihm ab. Man könne es in diesem Job nie allen recht machen, sagt er.
Zwei gewichtige Abgänge im Erziehungsdepartement
Fritz Schumacher ist nicht der einzige Chefbeamte, der die Basler Verwaltung dieses Jahr verlässt. Ein Exodus findet derzeit in den obersten Führungsetagen der Stadt statt, die Macht wird neu verteilt. Rund einen Kilometer von der Rittergasse entfernt, an der Leimenstrasse, sieht sich Erziehungsdirektor Christoph Eymann mit zwei bedeutungsvollen Abgängen konfrontiert. Mit Pierre Felder, Leiter Volksschulen, und Hans Georg Signer, Leiter Berufsbildung und Mittelschulen (zuvor Leiter Bildung), verlassen zwei Schwergewichte das Erziehungsdepartement.
«Es fällt mir sehr schwer, Pierre Felder und Hans Georg Signer gehen zu lassen. Sie machen ihre Aufgabe exzellent und sind für mich zwei wichtige Sparringpartner», sagt Eymann. Er könne mit ihnen über viele Themen diskutieren – weit über den Bildungsbereich hinaus. Der LDP-Regierungsrat spricht von einem «menschlichen Verlust».
Hans Georg Signer, der seit 2002 im Erziehungsdepartement arbeitet und Ende Juli pensioniert wird, sieht das anders. Er sagt: «Ich bin der Meinung, dass Führungsaufgaben im Bereich von Pädagogik und Bildung nicht zu lange von denselben Personen besetzt werden dürfen. Schule und Bildung müssen immer in einer guten Balance von Stabilität und Entwicklung gehalten werden. Und diese Balance ist auch bei der Besetzung von Führungsaufgaben wichtig.» Ein Nachfolger für Signer wurde bereits gefunden. Die Stelle von Pierre Felder, der Ende Jahr pensioniert wird, soll demnächst ausgeschrieben werden.
In der Dauerkritik
Blickt Signer auf seine zwölfjährige Arbeit zurück, so stellt er fest: «Dass die Bildungsverwaltung, der ich angehöre, kritisiert wird, ist – wenn es manchmal auch schmerzlich war – unvermeidlich und nicht schlimm. Schlimmer finde ich, dass die grosse Bildungs- und Integrationsleistung unserer Schulen von der Politik und Öffentlichkeit nicht in dem Masse honoriert werden, wie sie das verdienen.»
Die ständige Kritik an «unseren Schulen» – mal werde ihnen Kuschelpädagogik vorgeworfen, dann wieder Leistungsorientierung – verunsichere. Selbstkritisch meint er: «Die Öffentlichkeit sollte die Schule tragen, als ihre Schule betrachten. Ich hatte mir vorgenommen, diese Haltung zu befördern. Das ist mir sicher nicht so gelungen, wie ich mir das vorstellte.»
Auch Pierre Felder sagt, dass die Zielkonflikte, der permanente Druck und die Dauerkritik nicht immer einfach zu tragen seien. «Aber verleidet ist mir die Aufgabe nie. Immer wieder packen neue Herausforderungen.»
Sich nicht weiter mit seiner bevorstehenden Pensionierung Ende Mai befassen möchte sich derzeit Jürg Hofer. Seit 1999 ist er Leiter des Amtes für Umwelt und Energie (AUE). Er habe momentan viel zu tun, sei geistig immer noch voll im AUE und habe weder Zeit noch Lust, sich bereits abschliessende Gedanken über seine Zeit im AUE zu machen, sagt Hofer. Er freue sich auf die Pensonierung, finde es gleichzeitig aber auch schade, gehen zu müssen. Fritz Schumacher scheint nicht der einzige Chefbeamte zu sein, der Mühe damit hat, Abschied zu nehmen. Macht aufzugeben, ist immer eine schwierige Angelegenheit.
Artikelgeschichte
Erschienen in der Wochenausgabe der TagesWoche vom 14.02.14