Die Geschichte der ältesten Ateliergenossenschaft der Schweiz geht zu Ende. Ab Sommer will der Kanton die Ateliers in der ehemaligen Klosterkirche auf dem Kasernenareal sanieren und danach selber verwalten. Die Künstlerinnen und Künstler, die zum Teil mehrere Jahrzehnte in den schönen, geräumigen und vor allem sehr kostengünstigen Ateliers gearbeitet haben, müssen raus.
Das wissen die Betroffenen bereits seit vier Jahren. 2014 hatten die damaligen Leiter der Abteilungen Kultur und Kantons- und Stadtentwicklung, Philippe Bischof und Thomas Kessler, das Aus für die älteste Alteliergemeinschaft der Schweiz verkündet.
Die umgebaute Kirche soll zwar auch künftig Künstlern zur Verfügung stehen, aber unter ganz anderen Voraussetzungen: Die 33 Ateliers werden neu unter der Ägide des Kantons nur noch für eine Dauer von fünf Jahren vergeben – mit der Option einer einmaligen Verlängerung des Vertrags.
Über die Vergabe wird eine Jury entscheiden und nicht mehr die Künstler in Eigenregie. Überdies wird sich der Mietpreis für die Ateliers vervierfachen: vom ausgesprochen günstigen Quadratmeterpreis von 19.50 auf kolportierte 80 Franken pro Quadratmeter und Jahr. Den jetzigen Nutzern steht es frei, sich erneut um ein Atelier zu bewerben.
Es ist nicht der Preis, der die Nutzer der Ateliers wehmütig zurück- und besorgt nach vorne blicken lässt. 80 Franken pro Quadratmeter sind viel mehr als bisher, der Preis ist aber nicht höher, als für andere Ateliers verlangt wird. Es ist vielmehr die Tatsache, dass ihnen eine lange Zeit sicheres Standbein entzogen wird.
Mietgarantie über den Tod hinaus
Mit der 1966 gegründeten Genossenschaft schufen die Künstlerinnen und Künstler eine selbstverwaltete Ateliergemeinschaft mit höchst komfortablen Konditionen. Sie konnten die Ateliers, die sie selber instand hielten, unbefristet mieten – sogar bis ein Jahr über ihren Tod hinaus, was den Erben Zeit verschaffen sollte, den jeweiligen Nachlass des Verstorbenen zu ordnen.
Nun treten die Künstlerinnen und Künstler mit der Ausstellung mit dem Titel «Requiem» noch einmal gemeinsam auf. Die Ausstellung widmet sich ein letztes Mal der Fülle an Werken und Geschichten aus den einzelnen Ateliers, heisst es in einem Medientext.
Traum der Ateliergemeinschaft nicht aufgegeben
Die Ausstellung, die noch bis zum 17. Juni dauert – danach steht der Ausstellungsraum nicht mehr zur Verfügung – ist dreigeteilt:
- Eine «labyrinthartige Wunderkammer» zeigt aussortierte Einblicke in einzelne, zum Teil eben jahrzehntelang genutzte Ateliers mit Bildern und Plastiken, Skizzen, künstlerischen Spielereien, Arbeitsutensilien und einer Reihe von Kästen als Symbol für das künstlerische Leben, das nun aussortiert und archiviert werden muss. Die Ausstellungsmacher sprechen von 50 Jahren Kunstgeschichte in Basel.
- In einer Ausstellungsnische präsentieren verschiedene Künstlerinnen und Künstler eine Werkauswahl für jeweils einen Tag.
- Auf langen Ateliertischen sind schliesslich Dokumente des vergeblichen Einsatzes für das Weiterbestehen der selbstverwalteten Gemeinschaft und der schwierigen Suche nach einem neuen Standort zu sehen.
Aus diesen Dokumenten geht hervor, dass die Ateliergenossenschaft ihren Traum der selbstverwalteten, generationenübergreifenden Künstlergemeinschaft bis heute nicht aufgegeben hat. Und dass sie mit diesem Anliegen aufläuft – die Abteilung Kultur bemerkt, dass der Wunsch nach einer hohen Anzahl selbstverwalteter Ateliers zu günstigen Konditionen an einem zentralen Ort in der Stadt «tatsächlich fast unmöglich» zu erfüllen ist. Das haben die Künstlerinnen und Künstler auf ihrer intensiven Suche nach einem neuen Ort, der sie bis ans äusserste Ende des Baselbiets führte, auch selber erfahren müssen.
Kleiner Lichtblick: Zwischennutzung auf dem Klybeckareal
Einziger kleiner Lichblick ist die Aussicht auf eine Zwischennutzung eines ehemaligen Industriegebäudes auf dem Klybeckareal. Allerdings sei das Ganze noch nicht ganz in trockenen Tüchern, ist zu erfahren. Und die Nutzung der neuen Räumlichkeiten wäre auf fünf Jahre beschränkt.
So bleibt der Blick in die Geschichte und die letzten Tage der Ateliergenossenschaft tatsächlich ein «Requiem», wie der Ausstellungstitel besagt. Oder auf Deutsch: eine Totenmesse.