Eine neue Rangliste das Magazins «Times Higher Education» kürt die ETHs Zürich und Lausanne zu den internationalsten Hochschulen weltweit. Die sonst in Rankings top-platzierten US-Universitäten fehlen auf der Liste der besten 20. Sie bangen um Reputationsverlust.
Das Magazin «Times Higher Education» (THE) veröffentlicht neben Gesamtvergleichen der Universitäten weltweit auch regelmässig Ranglisten für bestimmte Kategorien. Die neueste Liste vergleicht die Internationalität, also den Anteil der internationalen Studierenden und Fakultätsmitglieder, sowie den Anteil der Publikationen, die mit mindestens einem Autor aus einem anderen Land veröffentlicht wurden.
Nachdem die Qatar University letztes Jahr diese Rangliste anführte, hat nun eine Änderung der Analyse die ETH Zürich von Platz sieben auf Platz eins katapultiert: Neu wird auch der internationale Ruf der Institution mit berücksichtigt. Auch die ETH Lausanne (EPFL) verbesserte sich dadurch von Rang vier auf Rang zwei. Mit der Universität Zürich (Rang 15) landet noch eine dritte Schweizer Hochschule unter den Top 20.
Top 20 ohne USA
Auffallend an diesem Vergleich der Internationalität ist vor allem, wer nicht auf den vorderen 20 Plätzen vertreten ist: US-amerikanische Institutionen wie CalTech, MIT, Harvard, Yale und Stanford, die bei Gesamtvergleichen von THE und anderen Ranking-Publikationen seit Jahren unter den besten Hochschulen weltweit rangieren.
Das Fehlen der USA auf den vorderen Rängen sei bemerkenswert, schreibt das Magazin THE in einer Mitteilung von Mittwoch. Dies insbesondere vor dem Hintergrund von Warnungen der «Association of American Universities», dass andere Nationen die USA als bevorzugte Destination für die talentiertesten Studierenden und Forschenden weltweit ablösen könnten.
Sollte sich die Situation für Forschende in den USA unter der eher wissenschaftskritischen Trump-Administration künftig verschlechtern, könnte dies Spitzenforschende nach anderen Schaffensorten suchen lassen und die USA damit auch ein Stück Innovationskraft kosten. Könnten sich die beiden nun für ihre Weltoffenheit gekürten ETHs als attraktive Alternative für internationale Talente anbieten?
Mit attraktiven Angeboten werben
Dass Forschungsinstitutionen und Hochschulen in der Schweiz und anderswo von der derzeitigen Lage in den USA profitieren könnten, hält Marcel Tanner, Präsident der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz, durchaus für möglich: «Wer unzufriedenen Spitzenforschern aus Princeton, Harvard oder Yale jetzt ein attraktives Angebot macht, kann allenfalls geschickt sein Profil schärfen.»
Pläne, diese Situation zu nutzen, bestehen an den ETHs jedoch bisher nicht. Auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda kommentierte Lino Guzzella, Präsident der ETH Zürich: «Die Situation in den USA ist für die Forschenden zurzeit in der Tat nicht einfach. Falls sie weitere Einschränkungen in Kauf nehmen müssen, verliert die Wissenschaft als Ganzes. Es wäre nicht redlich, heute darüber zu spekulieren, welchen Nutzen wir aus dieser Situation ziehen können.»
EPFL-Präsident Martin Vetterli äussert sich ähnlich: «Es ist möglich und sogar wahrscheinlich, dass die Attraktivität der ETHs und Schweizer Universitäten derzeit den USA überlegen ist aufgrund des politischen Kontexts.» Auf kurze Sicht könnte dies für die Schweiz als positiv betrachtet werden. Mittel- und langfristig sei dies jedoch sicher nicht der Fall, da die Wissenschaft daraus nicht gestärkt hervorgehe.
Die EPFL plane angesichts der derzeitigen Situation in den USA auch keine spezifischen Massnahmen zur beschleunigten Berufung internationaler Spitzenforschender, so Vetterli.
Weltoffenheit fördert Exzellenz
Auch ohne aktives Abwerben der besten Köpfe: Die Weltoffenheit und Attraktivität als Destination für die besten Studierenden und Forschenden weltweit dürften sich auch in Sachen Exzellenz und damit über kurz oder lang bei den Gesamt-Ranglisten auszahlen: Die ETH Zürich belegte bei den letzten beiden umfassenden Hochschul-Vergleichen von THE bereits Platz neun, die EPFL zuerst Rang 31, dann 30.
Zwar fliessen in derlei Ranglisten neben der internationalen Ausrichtung noch viele andere Faktoren ein. Darunter sind die Bewertung durch Studierende, die Anzahl Nobelpreisträger und die wissenschaftlichen Publikationen. Internationale Talente anzulocken, ist dabei aber ein wichtiger Schritt zum Erfolg, wie die US-Hochschulen lange Zeit demonstriert haben.