«Die Frau, die sich traut»

Steffi Kühnert im Eisbad der Gefühle. Steffi Kühnert im Eisbad der Gefühle Als sie in Adolf Dresens «Halt auf freier Strecke» als Simone Lange die Diagnose Krebs hörte, galt diese ihrem Mann. Jetzt spielt Steffi Kühnert die Frau, die von der Diagnose erreicht wird. Von einem Tag auf den anderen steht in Beates Leben die […]

Steffi Kühnert im Eisbad der Gefühle.

Steffi Kühnert im Eisbad der Gefühle

Als sie in Adolf Dresens «Halt auf freier Strecke» als Simone Lange die Diagnose Krebs hörte, galt diese ihrem Mann. Jetzt spielt Steffi Kühnert die Frau, die von der Diagnose erreicht wird. Von einem Tag auf den anderen steht in Beates Leben die Ausgangstür weit offen. Dabei wird sie von allen noch gebraucht. Ihr Sohn lebt bei ihr. Seine Freundin ist schwanger. Die Enkeltochter hat Schwierigkeiten in der Schule. Die Tochter steht vor dem Staatsexamen. In der Firma ist sie unersetzlich.

Wer vermutet, in «Die Frau, die sich traut» einen Film zum Thema Krebs zu sehen, sollte weiterdenken. Auch ist es nicht einer jener vielen Filme, die Krebs als Vehikel nutzen um die Story emotional aufzupeppen. Hier haben wir es mit einem Film zu tun, der uns nachdenken, was es auch heisst, wenn wir einst über den Jordan müssen: Was werden wir vor dem Tod mehr bereuen? Die Dinge, die wir taten, oder die Dinge die wir nicht taten?

Eine Frau in mehreren Rollen

Dabei ist Beate erst einmal weit davon entfernt von einem existentialistischen Schub: Als berufstätige Mutter tanzt sie wie eine Tellerjongleuse von Stab zu Stab und hält die Teller obenauf am tanzen. Multitasking, Empathie, praktischer Beziehungsstress und prekäre Erwerbslage. Beat steht für all die alleinerziehenden Mütter, die als Heldinnen des Alltags viel zu selten gefeiert werden.

Doch dann trifft Beate auf einen alten Traum: Als grosse Hoffnung der DDR-Nachwuchsschwimmerinnen brach sie als Siebzehnjährige eine vielversprechende Karriere ab – wegen einer Schwangerschaft. Sie tat damals, was sie tun musste. Als ihre Vergangenheit sie einholt, erkennt sie sei erst gar nicht: Die Freundin ihres Sohne ist schwanger – ausgerechnet jetzt, wo dessen Beförderung ansteht, und er im Job gebraucht wird. Jetzt tut Beate das, was sie damals nicht tat.

Das Leben vor dem Tod

Wir sehen Bilder einer unermesslichen Anstrengung. Beate ringt ihrem Körper die letzten Kräfte ab, zwingt sich zu Schwimmmarathons und Eisbädern, setzt alle ihre Beziehungen aufs Spiel, riskiert gar das Leben, das an einem dünnen Faden hängt. Erst als selbst ihre beste Freundin sich von ihr abwendet, scheint sie ihren Traum aufgeben zu müssen – über den Kanal zu schwimmen.

Steffi Kühnert gibt der geradlinigen Geschichte ein Gesicht. Sie stellt in dieser Mutterrolle eine viel weitergehende Rolle dar. Es ist die Rolle all jener, die längst viel mehr als eine Rolle in ihrem Leben einnehmen müssen. Der Film spielt gekonnt am Rande zwischen Leben und Tod – mit dem Leben. Beate zeigt die Mühen, die es kostet, den eigene Traum zu erfüllen. Sie gibt der Metapher ‚ans andere Ufer‘ schwimmen zu wollen, eine ganz eigene Kraft.

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