Wir essen weniger Fleisch, aber mehr Geflügel. Warum eigentlich? Und warum Hermann Hesse anlässlich seines 50. Todestages ein Thema für die TagesWoche ist…
Jamie Oliver, englischer Starkoch und Vorkämpfer für gesundes, einfaches Essen, hat sich in seinem Feldzug gegen Junkfood auch mal die Chicken-Nuggets vorgenommen. Er lud Kinder aus der Londoner Unterschicht ins Studio und zeigte ihnen, was denn so drin ist in den panierten und – wenn sie gebraten sind – goldgelb-knusprigen Leckerbissen.
Zuerst lag da das schleimige Hühnerskelett mit seinen unappetitlichen Knorpelstücken auf dem Rüsttisch. Der Anblick entsetzte die Kids. Es graute ihnen zuzusehen, wie Jamie Oliver das Knochengerüst mit einem Küchenmesser verhackte und auseinanderriss. Fassungslos schauten sie zu, wie er die Abfälle im Mixer zu einem Brei vermanschte, und sie schrieen auf, als er ihnen die Masse unter die Nase hielt. Sie waren dabei, als er den widerlichen Klumpen durch ein Sieb drückte, den Brei mit Zutaten vermischte und aus dem Teig Nuggets formte. Die Absicht war wohl, dass die Kinder sich dann angewidert von den gebratenen Stückchen abwenden sollten – doch als sie so schön gebraten auf dem Teller lagen, da fuhren alle Hände in die Höhe, als Oliver fragte, wer denn gern eines essen möchte.
Ein kleines Lehrstück. Nicht nur Kinder aus der Londoner Unterschicht haben ein gebrochenes Verhältnis zu dem, was einst ein Tier gewesen ist und irgendwann auf irgendeine Art zubereitet auf dem Teller, Grill oder in der Mikrowelle liegt. Wir haben uns das Huhn mal genauer angeschaut und zeigen in der Titelgeschichte, was so ein Hühnerleben ausmacht.
Einen zweiten Schwerpunkt in dieser Ausgabe widmen wir dem Schriftsteller Hermann Hesse, dessen Todestag sich zum 50. Mal jährt. Seine oft bis an die Grenzen des Kitschs gehenden, romantisierenden Romane erzählen von Menschen auf der Suche nach dem Sinn des Lebens. Das machte ihn für viele, zumindest während eines gewissen Lebensabschnitts, zum Kultautor. Hesse verbrachte mehrere Jahre in Basel – über diese Zeit und über sein schwieriges Verhältnis zu Frauen haben Helen Liebendörfer und Bärbel Reetz vor Kurzem Bücher veröffentlicht. Die beiden Autorinnen berichten ab Seite 36.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 03.08.12