Die Gunst der Schuldenkrise

David Abraham hatte genug von Basel. Jetzt verhandelt er mit dem FCB über einen Verbleib.

David Abraham hatte genug von Basel. Jetzt verhandelt er mit dem FCB über einen Verbleib.

Anfangs Sommer war David ­Abraham weg, abgeschrieben. Bereits Ende Juni hatte der FC Basel seinen Nachfolger verpflichtet. Den Tschechen Radoslav Kováč, ein Innenverteidiger auf Vorrat. Anfang Juli kamen die ersten Offerten aus der spanischen Primera Division für Abraham. Der Madrider Vorortsclub Getafe fragte nach, Aufsteiger Granada ebenfalls.

Bei Spielen des FCB sass Abraham bloss auf der Bank – und in Gedanken auf gepackten Koffern. Doch dann machte dem Argentinier die Wirtschaftskrise in Spanien einen Strich durch die Rechnung. Für teure Investitionsgüter flossen keine Kredite mehr. Kein Verein vermochte eine Summe zu bieten, die den FCB zum Verkauf seines Spielers animieren konnte.«Ja, die Finanzprobleme in Spanien haben einen Transfer verhindert», sagt Abraham heute. Aber ein Problem ist das für ihn nicht. Er versteht, dass ihn der FCB, der 2008 immerhin rund 4,5 Millionen Franken für ihn bezahlt hatte, nicht unter Wert gehen liess. Und inzwischen mehren sich die Zeichen, dass Abraham im Winter sogar seinen bis Sommer 2012 laufenden Vertrag verlängert.«Mein Agent und der FCB sind in Verhandlungen», bestätigt Abraham, ohne aber eine schnelle Entscheidung anzukündigen: «Bis zur Winterpause konzentriere ich mich ganz auf Champions League und Meisterschaft. Dann ist ein guter Zeitpunkt, um zu entscheiden.»

Beim FCB selbst werden die Chancen derzeit als gut erachtet, dass Abraham seinen Vertrag nun doch noch verlängern wird. Seit Juli hat sich also einiges getan. Zum einen ist Abraham beim FCB zum Garanten für defensive Stabilität geworden. In seinen sechs Partien in der Super League stand er bei nur einem Gegentor auf dem Feld, viermal spielten die Basler mit Abraham zu null. Und zum anderen hat sich auch seine Situation abseits des Rasens zum Positiven gewendet.Aus «rein persönlichen Gründen» nämlich habe er im Sommer Basel verlassen wollen, erzählt er: «Es hatte wirklich nichts mit dem FCB zu tun. Ich wollte in einer Stadt leben, in der ich rausgehen und mich mit den Leuten unterhalten kann.» In drei Jahren in Basel hat Abraham kaum Deutsch gelernt – ein Beispiel gescheiterter ­Integration. Selbst wenn sich seine Verlobte in Basel äus­serst wohlfühlt, wie Abraham sagt.

Auf sich gestellt

Doch seit Franco Costanzo den Verein verlassen hat, ist Abraham als letzter verbliebener Argentinier gezwungen, vermehrt Deutsch zu sprechen. «Insofern hat mir Francos Wegzug geholfen», sagt er. Und so könnten sich Finanzkrise und Isola­tion zumindest für Abraham und den FC Basel als Chance erweisen.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 28/10/11

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