Die kleine Erfolgsgeschichte des offenen Bücherschranks

Seit vier Jahren steht der öffentliche Bücher-Tauschkasten am Voltaplatz. Bisher ist er von Vandalismus und wilden Mülldeponien verschont geblieben. Das hat seine Gründe.

«Es war das Ziel, dass das Projekt zu einem Selbstläufer wird»: Der Bücherschrank beim Voltaplatz kann auf eine Gruppe von Buchfreunden zählen, die ihn betreuen.

Ob Nick Hornby, Charles Dickens oder Carl Zuckmayer: Im Bücherschrank beim Voltaplatz lassen sich immer wieder neue Entdeckungen machen. Dabei ändert sich das Angebot stets – alles funktioniert nach dem Tauschprinzip. Momentan stehen nicht etwa nur alte Ausgaben des Basler Stadtbuchs oder «Mac-Programmierung für Kids» im Regal: Es überwiegen eindeutig die Thriller, Krimis, Fantasy-Wälzer wie «Eragon», dazwischen sind aber auch Schweizer Autoren wie Friedrich Dürrenmatt, Alain Claude Sulzer und Silvio Blatter zu finden. Klassiker aus der Jugendzeit wie Karl May, «Die drei ???» und die Bildergeschichten von Wilhelm Busch dürfen auch nicht fehlen.
Seit dem Sommer 2011 steht der Bücherschrank allen Leuten zur Verfügung. Es handelt sich dabei um eine Initiative der Christoph Merian Stiftung. Die Idee dafür kam im Rahmen des Schwerpunkts Quartierentwicklung zwischen 2006 und 2012 ins Spiel. Dabei kam die Idee eines solchen Tauschregals auf. «Da es im St. Johann keine Filiale der GGG-Stadtbibliothek und auch kein Bücher-Brocki wie im Gundeli gibt, fanden wir das sehr passend», erklärt Monika Wirth, Projektleiterin Soziales bei der Christoph Merian Stiftung. Bald fiel die Standortwahl auf den damals neu gestalteten Voltaplatz.

Helfende Hände aus dem Quartier

Mit einer Wandzeitung konnte die CMS damals eine Gruppe an literaturinteressierten Leuten finden, um die Idee umzusetzen. Anfangs war es noch diese Begleitgruppe, welche den Kasten ab und zu reinigte und entrümpelte. Laut Monika Wirth kann nun nicht mehr festgemacht werden, wer sich alles um den Bücherschrank kümmert – und genau das war auch die Idee: «Es war das Ziel, dass das Projekt zu einem Selbstläufer wird», sagt Wirth. 



Sowohl leichte Kost wie auch der eine oder andere Klassiker ist hier zu finden. Wer die Bücher gut durchforstet, findet auch mal etwas Fremdsprachiges – so etwa Stendhal.
Sowohl leichte Kost wie auch der eine oder andere Klassiker ist hier zu finden. Wer die Bücher gut durchforstet, findet auch mal etwas Fremdsprachiges – so etwa Stendhal. (Bild: Michel Schultheiss)

Aber noch immer betreuen einige Mitglieder der Begleitgruppe den Schrank, so unter anderen Andrea Pauli, Ivo Zanoni, Madlen Bitterlin und Annemarie Gehri. «Es läuft erstaunlich gut», sagt Andrea Pauli, die ab und zu Kontrollgänge macht. Dabei gebe es fast immer etwas aufzuräumen: «Schundliteratur, zerfledderte Schulbücher und Videokassetten erlaube ich mir jeweils zu entfernen und zu entsorgen.»

Trotzdem überwiege der Respekt vor der Grundidee des Projekts: «Schön finde ich, dass der Schrank bislang von Vandalen verschont geblieben ist – sicher trägt dazu auch die unmittelbare Nähe vom Café Florida als Sozialkontrolle bei», sagt Pauli. Auch Madlen Bitterlin ist zufrieden: «Der Bücherschrank wird sehr gut frequentiert und hat grosse Aufmerksamkeit.» Manchmal sei es aber nötig, den Bestand wieder mit «attraktiven Titeln» aufzufrischen.

Interesse am Santihans-Bücherkasten in anderen Städten

Dass das Prinzip «Geben und Nehmen» anscheinend funktioniert, ist keine Selbstverständlichkeit: Der Tauschkasten an der Vogesenstrasse (ein Projekt, welches nichts mit dem Bücherschrank zu tun hat und von den dortigen Anwohnern betreut wurde), musste als Mülldeponie für alles Mögliche herhalten. Daher wurde er vor wenigen Monaten entfernt.

Das öffentliche Bücherregal am Voltaplatz stiess hingegen ausserhalb Basels auf Interesse. So kamen etwa aus Olten und Freiburg im Breisgau Anfragen an die Christoph Merian Stiftung. In Biel steht mittlerweile auch so ein offener Bücherschrank. 

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