Die Deutschschweiz versinkt im Wasser: Aus zahlreichen Kantonen meldeten Polizei und Feuerwehren am Samstagnachmittag überschwemmte und gesperrte Strassen. Die Pegel von Flüssen und Seen stiegen deutlich an.
Die Fliessgewässer standen am Samstag unter ständiger Beobachtung der Behörden. In der Stadt Bern flossen am Samstagmittag 380 Kubikmeter Wasser pro Sekunde die Aare herunter. Die Feuerwehr ergriff deshalb in den am Fluss gelegenen Quartieren vorsorgliche Massnahmen.
Besonders prekär war die Hochwasserlage entlang des Rheins, für welchen das Bundesamt für Umwelt (BAFU) die Gefahrenstufe 4 von 5 ausrief. Der Krisenstab des Kantons Basel-Stadt wies die Bevölkerung an, sich nicht in unmittelbare Nähe des Rheinufers zu begeben.
Im Kleinbasel wurden Schutzverbauungen erstellt und Sandsäcke gelegt. Der Krisenstab schloss nicht aus, dass der Fluss über die Ufer tritt. Am Abend lag der Pegel des Rheins rund 90 Zentimeter unter der Überschwemmungshöhe. Der Schiffsverkehr zwischen Rheinfelden und Kembs wurde eingestellt.
Hochwassersperren und Sandsäcke
Auch im Kanton Aargau sorgte der Rhein für Sorgenfalten. Besonders gefährdet war die aargauische Gemeinde Wallbach, wo der Rhein am Samstagnachmittag die Uferzone überschritt. Das Wasser konnte jedoch dank Hochwassersperren und Sandsäcken zurückgehalten werden. Auch die entlang der Reuss, der Aare und der Limmat errichteten Hochwassersperren zeigten laut Behördenangaben Wirkung.
In Solothurn bat die Polizei die Bevölkerung, sich wegen der hohen Wasserpegelstände nicht entlang der Flüsse oder auf exponierten Brücken aufzuhalten. Am Samstagabend entspannte sich die Lage.
In Kaltbrunn SG stürzte ein 72-jähriger Mann in der Nacht auf Samstag in den reissenden Dorfbach. Obwohl Polizei und Feuerwehr rasch die Suche nach dem Mann aufnahmen, konnte er vorerst nicht gefunden werden.
Blockierte Strassen und Bahnstrecken
Der Dauerregen wirkte sich auch auf den Verkehr aus. Strassenbehinderungen und -sperrungen gab es auf dem ganzen Verkehrsnetz. Besonders betroffen war aber die Ostschweiz. Zahlreiche Kantonsstrassen mussten dort wegen Überschwemmungen gesperrt werden.
Seit 10 Uhr am Samstagmorgen war die SBB-Strecke zwischen Wolhusen und Schachen unterbrochen, wie Mediensprecher Christian Ginsig gegenüber der sda sagte. Auf einer Breite von 20 Metern floss Schlamm über ein bereits installiertes Fangnetz. Die Strecke soll gemäss Ginsig am Sonntagmorgen ab Betriebsbeginn wieder befahrbar sein. Es verkehrten Bahnersatzbusse.
Wie der Verkehrsinformationsdienst Viasuisse mitteilte, mussten zahlreiche Pässe wegen Lawinengefahr vorübergehend wieder geschlossen werden, so etwa der Gotthard oder der San Bernardino.
Auf der Suche nach etwas Sonne entschieden sich offenbar viele für einen Ausflug ins Tessin: Vor dem Gotthardnordportal staute sich der Verkehr in Richtung Süden am Samstagnachmittag gemäss TCS zeitweise auf neun Kilometern Länge. Auch in der Gegenrichtung gab es Stau.
Häftlinge verlegt
In Widnau SG mussten die Behörden einige Häftlinge des Gefängnisses vorsorglich verlegen. Im gesamten Kanton gingen laut Kantonspolizei St.Gallen 160 Meldungen ein. Am stärksten beeinträchtigt war das Rheintal zwischen Kiessern und St. Margrethen.
Wegen eines drohenden Hangrutsches in Gersau SZ wurden in der Nacht auf Samstag 40 Personen einer Jugendherberge mit Booten auf dem Seeweg evakuiert. Verletzt wurde niemand.
Zwei Campingplätze in Ottenbach ZH an der Reuss und Gütighausen ZH an der Thur wurden bereits Freitagabend vorsorglich evakuiert. Letzterer stand gemäss Polizei am Samstag bereits unter Wasser.
Angespannt ist die Lage wegen der intensiven Regenfälle auch im Kanton Nidwalden. Dort kam es gemäss Polizei zu mehreren kleinen Hangrutschen.
Viel Wasser von oben
Gemäss dem Wetterdienst MeteoNews lag der Niederschlagsschwerpunkt am Samstagvormittag in der Zentralschweiz, dem Berner Oberland sowie dem zentralen Mittelland. Am Nachmittag hätten sich die Niederschläge dann in den Osten verlagert.
In der Zeit von Freitagvormittag bis Samstagnachmittag gingen am Alpennordhang zwischen 50 und 90 Liter Regen pro Quadratmeter nieder, wie das BAFU am Samstagabend mitteilte.
Und eine Entspannung ist nicht in Sicht. Für die Nacht auf Sonntag wurde mit weiteren Niederschlägen gerechnet, wodurch die Flüsse und Seen weiter belastet werden.
Entlang von Reuss, Aare und Hochrhein ist deshalb mit lokalen Überschwemmungen zu rechnen. Der Pegel des Bielersees könnte gemäss BAFU am Sonntag die Gefahrenstufe 4 erreichen.