Die Multiversen der Comic-Verlage

Damit Superhelden nicht sterben müssen, sondern immer wieder neu auferstehen, greifen Comic-Verlage gerne zu Tricks: Sie erfinden Paralleluniversen, in denen die alten Helden neue Biografien haben.

In Frank Millers «The Dark Knight Returns» kämpft Batman nicht nur gegen den Joker, sondern trifft auch auf Superman.

Damit Superhelden nicht sterben müssen, sondern immer wieder neu auferstehen, greifen Comic-Verlage gerne zu Tricks: Sie erfinden Paralleluniversen, in denen die alten Helden neue Biografien haben.

1986 veröffentlichte der Verlag DC Comics die Miniserie «The Dark Knight Returns» aus der Feder von Frank Miller. Die Hauptfigur dieser Comic-Bücher war Batman – beziehungsweise sein Alter Ego Bruce Wayne, 55 Jahre alt und mit einer gehörigen Portion Sarkasmus seinen Ruhestand geniessend. Bis der Joker wieder auftaucht. Batman rafft sich zu einem letzten Kampf gegen seinen Erzfeind auf und erwürgt ihn beinahe.

Die letzte Drehung, die es benötigt, um des Jokers Genick zu brechen, besorgt dieser zwar selber. Trotzdem genügte die Szene, um die Batman-Fans in Aufruhr zu versetzen. Denn Batman in seiner ursprünglichen Form, wie er 1939 von Bob Kane geschaffen wurde, verabscheut Gewalt. «Er bringt sicher niemanden um, auch nicht den Joker», reklamierten Fans. Der Verlag aber besänftigte mit einer passenden Entschuldigung: Frank Millers Batman spiele in einem parallelen Universum. Sogar einen Namen hat es: Erde 31.

Die Erfindung eines Paralleluniversums ist eine praktische Sache. Denn diese ermöglicht den Verlagen und ihren Zeichnern jegliche Freiheiten im Umgang mit den Figuren. Bei DC Comics beispielsweise gibt es sogar eine Welt, in der die Superhelden zu Superschurken mutieren. Heute umfasst das DC-Multiversum diverse Welten, die auch aus der Übernahme zahlreicher kleinerer Verlage mit ihren Comic-Figuren resultierten.

Das ultimativ neue Universum

Die Praxis von DC kennt man auch bei Marvel Entertainment, welches seit 1993 Teil des Walt-Disney-Planetensystems ist. Die Universen der Marvel Comics allerdings sind noch überschaubar. «Earth-616» ist das ursprüngliche Universum, später kam «Earth-1610» dazu. Bereits bekannte Figuren fanden darin eine Umformung: Sie wurden vor allem zeitaktueller dargestellt.

Im Jahr 2000 schliesslich lancierte der Verlag noch das «Ultimate Universe». Bewusst wird in diesem Universum, das dieselben traditionellen Figuren von Spiderman bis Iron Man kennt, auf jegliche Bezüge zu vorher erschienenen Ausgaben verzichtet: Die Ultimate Comics bedeuten für die Figuren einen frischen Start und für neue potenzielle Fans eine unbefleckte Einstiegsmöglichkeit.

Gleich noch einmal neu denken die Marvel Studios die Figuren in ihren Filmen, mit denen sie wiederum ein anderes Publikum zu erschliessen versuchen. Die Geschichten laufen hier (meist) unabhängig von gezeichneten Vorlagen.

Besonders deutlich wird dies in jenen Filmen, die nicht von den Marvel Studios selbst produziert werden – bislang sind das nur die Filme um die Avengers-Helden. Für alle anderen Marvel-Helden-Filme zeichnen andere Filmproduktionsfirmen verantwortlich. Dazu gehören die Serien um die X-Men und die Fantastic Four (beide 20th Century Fox) sowie die Amazing-Spiderman-Filme (Sony Pictures), deren zweiter Teil Mitte April in die Kinos kommt.

So entsteht in den Marvel-Filmen ein weiteres Paralleluniversum. Als Aussenstehender kann man sich in all diesen Welten schnell als Ausserirdischer fühlen. Um den Überblick zu behalten, muss man vielleicht kein Superheld, aber zumindest ein Superfan sein.

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