Die Umsetzung der SVP-Zuwanderungsinitiative beschäftigt nach dem Brexit-Votum in Grossbritannien die Schweizer Politik. Auch die Sonntagspresse beschäftigte sich intensiv mit den Gesprächen im In- und Ausland.
Zwischenlösung zur Personenfreizügigkeit
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hat nach Angaben von Schweizer Parlamentariern eine Zwischenlösung ins Spiel gebracht, um den Konflikt um die Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und der EU zu lösen. Schulz soll ein solches Modell, zu dem keine Details bekannt sind, aus eigenem Antritt erwähnt haben, wie der parteilose Schaffhauser Ständerat Thomas Minder den Zeitungen «Ostschweiz am Sonntag» und «Zentralschweiz am Sonntag» sagte. Das eröffne neue Perspektiven für den politischen Prozess, sagte FDP-Ständerätin Karin Keller-Sutter. Schulz traf in der vergangenen Woche mit einer Ständeratsdelegation zusammen. In den Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU ist allerdings die EU-Kommission federführend.
Brexit als Warnung
Der Nachgang zum Brexit-Entscheid in Grossbritannien ist für den ehemaligen FDP-Präsidenten Philipp Müller eine Warnung. Die Vorgänge dort sind für ihn wie eine Vorwegnahme dessen, was passieren würde, wenn die Schweiz einmal die bilateralen Verträge verlieren sollte. Die harte Reaktion der EU gegen Grossbritannien, der drohende Verlust des EU-Marktzugangs und Planspiele von Firmen, die Arbeitsplätze auf den Kontinent zu verlagern, sei den «Leuten in die Knochen gefahren», sagte der FDP-Ständerat im Interview mit der «NZZ am Sonntag». Sollte die Schweiz einmal die bilateralen Verträge mit der EU verlieren, «gäbe es auch bei uns ein böses Erwachen. Auch bei uns würden dann viele, die denken, die Verträge seien nicht so wichtig, plötzlich sehr nervös.»
Für FDP-Präsidentin Petra Gössi hat der Bundesrat seit der Brexit-Abstimmung in Grossbritannien keine gute Figur gemacht. «Was wir in den letzten Tagen aus dem Bundesrat gehört haben, wirkte nicht so, als hätte er sich vorher wirklich mit dem Brexit auseinandergesetzt», sagte die Nationalrätin im Interview mit den Zeitungen «Ostschweiz am Sonntag» und «Zentralschweiz am Sonntag». Was die Folgen für die Schweiz und die Umsetzung der SVP-Zuwanderungsinitiative betrifft, wisse heute niemand genau, was passieren wird. Wichtig sei, dass die Unterhändler «mit Pfupf» an die Gespräche mit der EU gingen. «Man muss gar nicht erst anfangen, wenn man das Gefühl hat, ohnehin nichts erreichen zu können.»
Mehr Spezialisten aus Nicht-EU-Staaten
Die Wirtschaftskantone Basel-Stadt, Genf und Zürich fordern, dass mehr Spezialisten aus Nicht-EU-Staaten in die Schweiz geholt werden können. Die Volkswirtschaftsdirektoren der drei Kantone verlangen vom Bundesrat, dass dieser die Zahl der Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen von heute 6500 auf mindestens 8500 erhöht, wie die «NZZ am Sonntag» berichtet. Begründet wird die Forderung mit wirtschaftlichen Überlegungen. «Der Mangel an Bewilligungen für Drittstaaten-Angehörige gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft», sagte der Basler Regierungsrat Christoph Brutschin. Firmen könnten Abteilungen und Projekte ins Ausland verlegen. Im Gegensatz zu EU-Bürgern gelten heute für Drittstaaten-Angehörige Kontingente.
Schlechte Zahlmoral bei Schwarzfahrern
Nur gerade ein Drittel der SBB-Schwarzfahrer bezahlt seine Bussen. Über 300’000 Bussen wurden im vergangenen Jahr nicht bezahlt, wie die «SonntagsZeitung» unter Berufung auf SBB-Zahlen berichtete. Das ist noch nicht einmal ein Rekord: 2012 blieben sogar 635’000 Bussen unbezahlt. Für die Bahn bedeuten die unbezahlten Bussen nach eigenen Angaben einen Ausfall im zweistelligen Millionenbereich. Wer wiederholt schwarz fährt und die Bussen nicht bezahlt, wird angezeigt. Jedes Jahr würden mehrere Tausend Anzeigen eingereicht, sagte eine SBB-Sprecherin.
Auch CVP will kein Rentenalter 67
In der Diskussion um die Rentenreform lehnt die CVP einen Interventionsmechanismus ab, der zu einer automatischen Erhöhung des Rentenalters auf 67 Jahre führen könnte. Das berichtet die Zeitung «Schweiz am Sonntag» unter Berufung auf ein internes Positionspapier. Die Partei stellt sich damit gegen SVP, FDP und Teile der Wirtschaft. Priorität habe die Senkung des Umwandlungssatzes, sagte CVP-Präsident Gerhard Pfister dem Blatt. Festhalten will die CVP auch an der vom Ständerat beschlossenen Rentenerhöhung von 70 Franken. Die Erhöhung soll aber vor allem Personen mit tiefem Einkommen zu Gute kommen.
Asylstatus verloren
189 Flüchtlinge haben im vergangenen Jahr ihren Asylstatus in der Schweiz verloren, weil sie in ihr Heimatland gereist sind. Das berichtet die «NZZ am Sonntag» unter Berufung auf Zahlen des Staatssekretariats für Migration. 63 von ihnen stammten aus Irak, 21 aus Vietnam, 20 aus Bosnien und Herzegowina, 17 aus der Türkei, 14 aus Tunesien und 7 aus Eritrea. Die Marke ist höher als in den vergangenen Jahren, was auf darauf zurückzuführen ist, dass der Bund die Missbräuche schärfer ahndet als früher. Der Bundesrat plant zudem eine Beweislastumkehr: Künftig sollen Flüchtlinge in einem Verdachtsfall beweisen müssen, dass sie nicht in ihre Heimat gereist sind.
Junge Stimmen sollen nicht stärker gewichtet werden
Die Präsidenten der Jungparteien JUSO, Junger SVP und Jungfreisinn halten nichts von einer stärkeren Gewichtung der Stimmen von Jungen, wie es SP-Politikerin Jacqueline Fehr vorgeschlagen hatte. Die Idee widerspreche «unserem Demokratieverständnis», sagte Tamara Funciello, Präsidentin der Jungsozialisten (JUSO), dem «SonntagsBlick». Demokratische Legitimation werde mit dem Grundsatz «ein Bürger, eine Stimme» gewährleistet, sagte JSVP-Präsident Benjamin Fischer. «Alles andere ist reine Willkür». «Nur weil die Jungen künftig noch mehr zu einer Minderheit werden, muss man nicht das Stimmrecht anpassen», sagte Andri Silberschmidt vom Jungfreisinn. Fehr hatte angeregt, dass die Stimmen von Jungen doppelt zählen könnten.
Unerlaubte Stammzellentherapie
Ein deutscher Arzt und Professor hat nach Recherchen der «SonntagsZeitung» in Luzern unerlaubt Stammzellentherapien durchgeführt. Laut der Zeitung entnahm der Arzt unter anderem einem siebenjährigen behinderten Mädchen aus Weissrussland in einer improvisierten Klinik Stammzellen aus dem Beckenkamm, um Teile davon wieder ins Rückenmark zu spritzen. Die Zellen sollten die Hirnfähigkeit verbessern. Die Therapie kostete 9000 Euro, was die Familie in bar bezahlte. Laut der Arzneimittelbehörde Swissmedic sind solche Behandlungen bewilligungspflichtig und wurden noch nie bewilligt. Neurologen halten die Therapie für nutzlos. Der Arzt liess der Zeitung über einen Anwalt mitteilen, dass die Therapie wirke und er dafür aus seiner Sicht keine Bewilligung benötige.