Vor sieben Jahren ist Joël Genazzi bei den SCL Tigers noch 13. Stürmer, nun sorgt er in Paris an seiner ersten WM als Verteidiger für Aufsehen. In der Gruppenphase kommt er auf eine Plus-7-Bilanz.
«Ich weiss nicht, wie ich das geschafft habe», sagte Genazzi zur Plus-Minus-Bilanz. Zwar ist ihm diese Statistik «nicht so wichtig», sie zeigt aber, wie solid der Spieler von Lausanne in der WM-Vorrunde agierte. Die letzten sieben NLA-Saisons hatte er stets mit einer Minus-Bilanz beendet.
Genazzi bildet ein Duo mit dem Genfer Romain Loeffel, den er von der gemeinsamen Zeit als Junior bei Fribourg-Gottéron schon lange kennt, allerdings nur neben dem Eis. Dass die zwei dermassen gut harmonieren, hatte nicht unbedingt erwartet werden können, da beide offensiv ausgerichtete Verteidiger sind, wobei Genazzi den defensiveren Part übernimmt. «Ich würde gerne mehr nach vorne gehen, aber mit Loeffel ist das schwierig», sorgte Genazzi für einen Lacher bei den Journalisten. «Allerdings ist es für mich die erste WM. Ich bin sowieso froh, wenn ich spielen kann.»
Keine Identität bei Langnau
Das ist nachvollziehbar. Der 29-Jährige ist ein Spätzünder, er musste sich alles hart erarbeiten. «Zwar glaubte ich an mich, die Ziele waren aber nicht immer hoch», sagte Genazzi. Dass er vom Stürmer zum Verteidiger umfunktioniert wurde, ist eher einem Zufall geschuldet. In seiner ersten Saison bei den SCL Tigers 2010/2011 war er zu Beginn nur der 13. Stürmer. Als sich in einer Partie zwei Verteidiger verletzten, musste er einspringen.
«Ich wurde ins kalte Wasser geworfen», blickte Genazzi zurück. Hilfreich war, dass er an der Seite von Curtis Murphy spielen konnte. «Kanadier reden immer auf dem Eis.» Das habe es einfacher gemacht. In der Folge war er mal Stürmer, mal Verteidiger, je nachdem, wo er gebraucht wurde. «Bei Langnau hatte ich keine Identität», so Genazzi.
Das änderte sich erst mit dem Wechsel zu Lausanne im Jahr 2013. Der damalige LHC-Trainer Heinz Ehlers sah ihn ganz klar als Verteidiger. Vom Dänen, der bekannt ist für sein defensives System, profitierte er enorm viel. Zu Beginn allerdings auf schmerzliche Art, da ihm Ehlers oft vorhielt, was er alles falsch mache. «Das war mental schwierig», sagte Genazzi. «Am Ende hatte ich es aber sehr gut mit ihm.»
Viele Details nicht gelernt
Genazzi ist sich aber bewusst, in seiner Entwicklung auf der «neuen» Position noch lange nicht am Ende zu sein. «Ich habe im Vergleich zu anderen Verteidigern so viele kleine Details nicht gelernt.» Ein wichtiger Punkt sei, zu wissen, wann es sich lohne nach vorne zu gehen und wann nicht.
Als Genazzi im April für die WM-Vorbereitung aufgeboten wurde, wusste er nicht, wo er steht. Selbst vor dem letzten Kaderschnitt kurz vor dem Turnierstart zitterte er noch. «Ich nahm Tag für Tag», erklärte er. «Ich sagte mir einfach: ‚Wenn man hart trainiert, wird man belohnt‘.»
«Wir wurden immer besser»
Auf den Viertelfinal am Donnerstagabend gegen die schwedische NHL-Auswahl freut er sich enorm. «Es ist eine riesige Herausforderung», so Genazzi. «Wir wissen jedoch, dass wir jeden Gegner bezwingen können, wenn wir einfach spielen und das machen, was wir können.» Entscheidend werde sein, keine Fehler zu machen und diszipliniert zu sein.
Dass viele Akteure im Schweizer Team nur über wenig WM-Erfahrung verfügen, erachtet er gegen die Skandinavier als Vorteil. «Sie kennen uns nicht so gut», sagte Genazzi und fuhr fort: «Wir wurden immer besser, das ist wichtig an einem Turnier. Zudem schauen wir immer vorwärts. Das ist sicher ein positiver Punkt in dieser Mannschaft.»