Dienstpflicht von A bis Z

In der ganzen Dienstpflicht-Diskussion den Überblick zu wahren, ist schwierig. Darum kommen wir an dieser Stelle gerne unserer Pflicht als Zeitung nach und liefern ein kurzes Glossar – als Dienst am Leser.

Die Idee eines Pflichtdienstes für Frauen ist nicht neu, aber immer noch aktuell - wie die neuerliche Diskussion zeigt. (Bild: STR)

In der ganzen Dienstpflicht-Diskussion den Überblick zu wahren, ist schwierig. Darum kommen wir an dieser Stelle gerne unserer Pflicht als Zeitung nach und liefern ein kurzes Glossar – als Dienst am Leser.

Andere Länder: Deutschland hat die allgemeine Wehrpflicht im vergangenen Jahr abgeschafft, Frankreich 1997. Ein Grund für den Entscheid war die Reduktion der Truppen. Insofern wäre eine Abschaffung auch in der Schweiz eine Diskussion wert (siehe auch GSoA, Wehrpflicht).

Blauer Weg: Wer als junger Mann erhebliche psychische oder physische Probleme hat, wird vom Militär freigestellt. Ein sinnvoller Grundsatz, mit dem sich die Armee einige Probleme erspart. Ein Grundsatz aber auch, der Schlaumeier und Drückeberger auf teilweise recht schräge Ideen bringt. Sie nässen das Bett, rauchen, bis sie Atembeschwerden haben, oder spazieren mit einem imaginären Töff durch die Gegend, wobei sie nervtötende Motorlaute von sich geben – nur um ausgemustert zu werden. Wer heute keine Lust hat, geht nicht mehr ins Militär, sagen Kritiker.

Bevölkerungsschutz: Polizei, Feuerwehr, Gesundheitswesen, technische Betriebe und Zivilschutz bilden gemeinsam das Verbundsystem Bevölkerungsschutz.

Dienstpflicht: Eine allgemeine Dienstpflicht wurde in der Geschichte schon mehrmals gefordert, zuletzt 2004, als rechtsliberale Kreise ein ausgeklügeltes System vorschlugen: das «Life-cycle-Modell». Es sah für die gesamte Bevölkerung (auch für Ausländer und Ausländerinnen) eine Dienstpflicht fürs Militär, Gemeinschaftsaufgaben oder eine Miliztätigkeit vor. Die Diensttage sollten bis zum 70. Altersjahr absolviert werden können.

Freiwilliger Dienst: Ein weiterer Vorschlag, der immer wieder gemacht wurde: die Einführung eines gemeinnützigen Dienstes, den alle absolvieren können – aber nicht müssen. Ein entsprechender Vorstoss ist im Bundesparlament auch jetzt wieder hängig. Hinterlassen hat ihn die abgewählte Basler Nationalrätin Anita Lachenmeier (Grüne). Sie hält den jetzigen Zivildienst für eine wertvolle Erfahrung, die sie auch allen Frauen und den in den Schweiz wohnhaften Ausländern ermöglichten möchte. Nichts hält sie dagegen von einem Zwang zur wohltätigen Arbeit.

GSoA: Mit der Abschaffung der Armee hat es nicht geklappt, nun versucht die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) zumindest mit der Wehrpflicht aufzuräumen. Das Mittel ist wieder eine Initiative: «Ja zur Aufhebung der Wehrpflicht». Knapp 107 000 Schweizer haben sie unterschrieben, ein Abstimmungstermin steht noch nicht fest.

Militär: In den 70er-Jahren hatte die Armee über 700 000 Angehörige, heute sind es noch rund 180 000, und in Zukunft werden es angesichts der Sicherheitslage in Europa voraussichtlich noch weniger sein (siehe auch andere Länder). Ein Grund, warum die jetzige Form der Dienstpflicht auch im VBS hinterfragt wird. Denn schon heute hätte die Armee ein erhebliches Problem, wenn tatsächlich alle Dienstpflichtigen ins Militär gingen.

Wehrpflicht: Es tönt wie ein uralter Mythos, der wehrhafte Schweizer, der im Kriegs- oder Krisenfall zur Waffe greift und sein Land verteidigt. Gesetzlich verankert wurde die Wehrpflicht aber erst mit der Bundesverfassung 1848. Wehrtüchtig sind allerdings längst nicht alle Schweizer Männer. Heute gilt rund ein Drittel nach der Aushebung als «untauglich». Und fast nochmals so viele scheiden vor dem Ende der Dienstzeit aus.

Zivilschutz: Wer bei der Aushebung nicht für militärdienst-, aber zumindest für schutzdiensttauglich erklärt wird, muss in den Zivilschutz. Dieser sollte seit der Reform des Bevölkerungsschutzes im Jahr 2004 hauptsächlich bei Katastrophen und Notlagen zum Einsatz kommen. Noch immer wird er aber gerne als «Handlangerdienst für alles Mögliche und Unmögliche» missbraucht, wie Walter Müller, Präsident des Zivilschutzverbandes und FDP-Nationalrat, kritisiert. Der Bestand wurde auch in diesem Dienst kontinuierlich abgebaut – auf rund 76 000 Aktive.

Zivildienst: Wer aus Gewissensgründen keinen Militärdienst leisten will, kann seit 1992 Zivildienst leisten, allerdings nur wenn er diensttauglich ist. Vor 2008 musste er auch eine Gewissensprüfung ablegen, inzwischen reicht als Beweis für die «Gewissensgründe» die Bereitschaft, einen zivilen Dienst zu absolvieren, der eineinhalb mal so lange dauert wie der Militärdienst. Die Zahl der Gesuche verdreifachte sich danach auf 3000. 2010 wurden bereits 7400 eingereicht. Die Zivis werden vor allem im Gesundheits- und Sozialwesen eingesetzt. Für Uni-Abgänger kann der Zivildienst dabei höchst attraktiv sein: Weil den Frischdiplomierten gemäss Erwerbsersatzordnung ein Sondertarif bezahlt wird, kann ein Master-Absolvent ein Einkommen von monatlich bis zu 6000 Franken erreichen.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 27.04.12

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