Eines wurde im Kabinengang der Stockhorn Arena in Thun vorweg klargestellt vom Begleittross des FC Basel: nur Fragen zum Spiel, bitteschön, an Dimitri Oberlin. Denn noch immer wabern nicht näher geklärte, mysteriöse Spekulationen über eine Anzeige gegen ihn, bei der es um einen Fall von leichter Körperverletzung gehen soll.
Also bleibt es im Moment bei einer Stellungnahme noch aus Salzburger Tagen. Von der Leitung seines Klubs RB Salzburg, der ihn für ein Jahr nach Basel ausgeliehen hat, hiess es seinerzeit allerdings auch nur: «Dass er sich nicht immer korrekt verhalten hat, steht ausser Frage.»
Raphael Wicky schildert, dass er Dimitri Oberlin in den ersten zwei Wochen beim FC Basel als «sehr ruhig und lieb» kennengelernt habe. Und unaufgefordert merkte der FCB-Trainer an: «Was man da hört und liest, das kann man sich gar nicht vorstellen, wenn man mit ihm arbeitet.»
Mehr war zur Causa aber auch von Wicky nicht zu erfahren, auch nicht darüber, ob er Weiterungen fürchtet: «Ich habe nicht mit ihm darüber gesprochen, und ich habe keine Informationen, was da läuft.»
Wicky: «Oberlin ist schnell und traut sich etwas zu»
Ansonsten war der Trainer angetan von den ersten Einsatzminuten Oberlins im Wettbewerb. Mit drei, vier Aktionen und seinem Tor in der Nachspielzeit zum 3:0-Endstand in Thun lässt der 19-jährige Stürmer erahnen: Da wartet eine Perle auf ihre Veredlung. Ein Talent, so hat es Sportchef Marco Streller erzählt, das nicht nur von den Baslern begehrt war.
Und Oberlin ist im doppelten Wortsinn ein Schnellstarter: Für RB Salzburg erzielte er im dritten Einsatz sein erstes Tor, im Farmteam der «Bullen», dem FC Liefering, traf er im ersten Spiel doppelt, und für Altach, wohin er vergangenes Jahr die erste Saisonhälfte ausgeliehen war, liess er sich ebenfalls im Premierenspiel als Torschütze feiern.
Ausserdem, das ist nicht zu übersehen, verleiht Oberlin einem Offensivspiel gehörig Geschwindigkeit, also jenes Element, das im Fussball zum höchsten Gut geworden ist. Und von dem das Spiel des FC Basel vergangene Saison – bei allem Respekt vor Marc Janko und Seydou Doumbia – eine oder zwei Prisen zu wenig beinhaltet hat.
Wicky ist jedenfalls zufrieden mit der Ergänzung für sein Angriffsspiel: «Auf dem Platz ist Dimitri Oberlin schnell und dynamisch, er ist zielstrebig und traut sich etwas zu – deshalb wollten wir ihn ja auch.»
Beim FCB entfaltet sich ein frisches Tempo
Und es ist ja nicht nur Oberlin, der für eine Beschleunigung der Basler Offensive sorgt. Mohamed Elyounoussi etwa entfaltet in Wickys Grundordnung seinen Speed neu. Gegen Luzern war das sehr schön zu sehen bei der Vorbereitung von Kevin Buas Tor und erneut zu bestaunen in Thun bei dem überfallartigen Konter zum 2:0, wieder abgeschlossen durch Bua.
Und wenn man dann wie unter dem Stockhorn Bua ersetzen kann durch Oberlin, dann blüht einem Gegner etwas. In der Schlussphase, als die Thuner mit Verzweiflung wenigstens den Anschlusstreffer suchten und dadurch hinten offen wie ein Scheunentor waren, konterte der FCB in freie Räume. Mit Tempo, allerdings auch reichlich schlampig. Da hätte gut und gerne auch mehr als das dritte Tor herausschauen können.
Oberlins Premieren-Tor schmückt den Basler Auswärtssieg – unsere Berichterstattung zum 3:0 des FCB in Thun
Der Dreizack sticht– unsere Einzelkritik zum Spiel
Dieses fiel dann, als die angezeigten fünf Minuten Nachspielzeit schon abgelaufen waren und sich Elyounoussi und Oberlin abermals in Überzahl dem Thuner Tor entgegenstürzten. Dank der klugen Vorlage des Norwegers war Oberlin gleich im ersten Spiel doch noch der erste Treffer für seinen neuen Club beschieden, den er zuvor zweimal hatte liegen lassen.
Oberlin: «Es bringt mir viel, in dieser Mannschaft zu sein»
Und Oberlin sprach also nach dem Spiel nur über das Spiel, das besser nicht hätte enden können für ihn: «Ich freue mich, wieder in der Schweiz zu sein, und es bringt mir einfach viel, in dieser Mannschaft zu sein. Ich bin sehr gut aufgenommen worden, der Sportdirektor und alle Betreuer haben mir sehr geholfen, und ich kann von dieser Mannschaft viel lernen.»
Darunter versteht sich auch sein Verhalten gegen den Ball und in der Rückwärtsbewegung: «Der Trainer hat zu mir gesagt, dass ich auch defensiv arbeiten muss. Die Torchancen kommen dann von ganz alleine.»
So tastet sich also einer, der aus Kamerun stammt, in der Westschweiz gross wurde und beim FC Zürich nicht die nötige Geduld aufbringen wollte, in einem nächsten Anlauf an den Durchbruch heran. Und er scheint das für den Moment mit der gebotenen Demut zu tun: «Wichtig ist, dass ich Spielpraxis sammle. Und um die Chance zum Spielen zu bekommen, dafür arbeite ich jede Woche hart. Wenn es so kommt, bin ich glücklich, wenn es nicht der Fall ist, kommt es vielleicht das nächste Mal.»
Dem FC Basel steht die erste Englische Woche der Saison bevor: Am Donnerstag empfängt in der vierten Super-League-Runde die Grasshoppers im St.-Jakob-Park (20 Uhr); am Sonntag steht die erste Runde im Schweizer Cup an, wo der Titelverteidiger beim viertklassigen FC Wettswil-Bonstetten antritt (14.30 Uhr).