Im Atomstreit mit dem Iran versuchen die Aussenminister der beteiligten Staaten in Genf den Brückenschlag. Im Bemühen um eine Überganglösung sollen verbliebene Differenzen ausgeräumt werden. Unterhändler zeigten sich am Samstag vorsichtig optimistisch.
Der russische Vizeaussenminister Sergej Rjabkow sagte der Agentur Interfax zufolge, dass die Sechsergruppe und der Iran «sehr nah an einem Durchbruch» seien, aber es noch keine «endgültige Überzeugung» gebe. In Genf verhandeln die fünf UNO-Vetomächte USA, Russland, China, Grossbritannien und Frankreich sowie Deutschland (5+1) bereits den vierten Tag mit dem Iran über dessen Atomprogramm.
Zu den wesentlichen Fragen, die in Genf noch zu klären seien, gehöre das Schicksal des im Bau befindlichen Schwerwasser-Atomreaktors in Arak. Diese Anlage könnte auch waffenfähiges Plutonium herstellen. Der Iran besteht auf der Fortsetzung des Reaktorbaus.
Eine Einigung werde es nur geben, wenn diese lohnend sei, sagte der britische Aussenminister William Hague. «Wir sind nicht hier, weil die Dinge schon beendet sind, wir sind hier, weil die Dinge schwierig sind und schwierig bleiben.»
Aus der iranischen Delegation kam nach der Kritik an als unverhältnismässig bezeichneten Forderungen optimistischere Töne. Doch auch eine Fortführung der Verhandlungen am Sonntag schloss der iranische Vizeaussenminister Abbas Araghchi am Samstagabend vor Journalisten in Genf nicht aus.
Lösung für sechs Monate
Vertreter der 5+1-Gruppe verhandeln mit dem Iran über eine Übergangslösung, die nach Angaben aus Delegationen für sechs Monate gelten und ein erster Schritt sein soll. Der Iran soll dafür Teile seines Atomprogramms einstellen – einschliesslich der Urananreicherung auf 20 Prozent – und die Bauarbeiten in Arak stoppen.
Im Gegenzug soll es Lockerungen bei den schmerzlichen Wirtschaftssanktionen gegen den Iran geben. Teheran pocht auf ein Recht auf ein ziviles Atomprogramm. Den Verdacht, der Iran wolle einen Bau von Atomwaffen vorbereiten, weist die iranische Führung zurück.
Im Bemühen um einen Durchbruch war am Morgen auch US-Aussenminister John Kerry angereist. Nachdem er sich mit der EU-Aussenbeauftragten Catherine Ashton beraten hatte, traf er den französischen Aussenminister Laurent Fabius, dann den russischen Aussenminister Sergej Lawrow. Auch der amtierende deutsche Aussenminister Guido Westerwelle war in die Schweiz gereist.
Israel bremst
Bei einem Treffen der Aussenminister mit der iranischen Delegation vor zwei Wochen in Genf schien eine Lösung bereits in greifbarer Nähe. Zu einem Durchbruch kam es aber nicht.
Grund dafür war unter anderem die Einflussnahme Israels auf die Gespräche. Das Land sieht sich als direkt bedroht, sollte dem Iran die Produktion atomarer Waffen gelingen.
Israel warnte die Weltmächte wiederholt vor einem angeblich falschen Spiel des Irans. Eine Lockerung der Sanktionen und ein Abkommen dürfe es nur geben, wenn damit der komplette Verzicht Irans auf sein Atomprogramm erreicht werde. Frankreich hatte Israel zugesichert, einer Lockerung von Sanktionen erst zuzustimmen, wenn klar sei, dass der Iran nicht den Bau von Atombomben verfolge.