Finanzminister Ueli Maurer kann aufatmen: Die Schweiz startet mit einem ordentlichen Bundesbudget ins Jahr 2017. Der Nationalrat hat im zweiten Anlauf und nach insgesamt neun Stunden Beratungen den Voranschlag gutgeheissen – trotz heftiger Kritik von SVP und SP.
Nach dem Nein der «unheiligen» Rechts-Links-Allianz vergangene Woche stimmte die grosse Kammer am Dienstag dem Budget mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2018-2020 zu – mit 81 zu 52 Stimmen bei 65 Enthaltungen. Es blieb bis zum Ende der Detailberatung spannend.
Vor allem die SVP hielt sich lange Zeit bedeckt und gab erst kurz vor der Gesamtabstimmung bekannt, dass die Fraktion die Vorlage nicht bachab schicken werde. Schliesslich enthielten sich 60 SVP-Nationalräte der Stimme, 7 lehnten die Vorlage weiterhin ab.
Weinende Augen
«Wir sind besorgt, in Zeiten ohne Rezession ein Budget mit einem Defizit von 254 Millionen Franken zu verabschieden», sagte der Zuger SVP-Finanzpolitiker Thomas Aeschi. Er unterstrich damit, dass die grösste Fraktion im Parlament dem Budgetentwurf nur ungern zum Erfolg verhelfe und in einen sauren Apfel beisse.
Die SVP pochte insbesondere auf weitere Kürzungen bei der Entwicklungshilfe, der Bildung und dem Bundespersonal. Mit diesem Anliegen stand sie oft alleine da. Was die Partei aber nicht erwähnte: Zusammen mit der FDP brachte sie viele ihrer Kürzungs- und Abbauvorschläge durch.
Anders die SP, die bei den bisherigen Budgetberatungen im Nationalrat fast durchs Band unterlag. Vor allem die Kürzungen beim Bundespersonal und im Asylwesen seien inakzeptabel, sagte der Solothurner Finanzpolitiker Philipp Hadorn. «Wir können und wollen das rechte Abbaubudget nicht mittragen.» Wie vergangenen Donnerstag sagte die SP-Fraktion denn auch geschlossen Nein.
Viel Arbeit steht bevor
Weil die übrigen Parteien aber mehrheitlich oder geschlossen für den Voranschlag stimmten, ist die Rückweisung an den Bundesrat kein Thema mehr. Der Voranschlag geht nun wieder zurück an den Ständerat, der das Geschäft am kommenden Montag zum zweiten Mal beraten wird.
Es beginnt das übliche Hin und Her zwischen den beiden Parlamentskammern. Zu diskutieren gibt es noch einiges. Das Parlament hat wegen des Umwegs aber eine Runde weniger Zeit, die Differenzen zu bereinigen.
In der verkürzten Detailberatung folgte der Nationalrat ausnahmslos den Vorschlägen seiner Finanzkommission und somit allen Beschlüssen, die der Rat bereits vergangene Woche vor dem Nein in der Gesamtabstimmung gefällt hatte.
Umstrittene Pauschalkürzungen
Dazu gehören etwa Querschnittkürzungen beim Bundespersonal, bei externen Beratern und der Informatik von insgesamt 128 Millionen Franken. Von solchen wollte der Ständerat am vergangenen Montag nichts wissen.
Bundesrat Maurer machte in der grossem Kammer vergeblich darauf aufmerksam, dass der von ihm vorgelegte Budgetentwurf bereits acht Sparrunden innerhalb der Verwaltung hinter sich habe. Er wehre sich nicht gegen nachhaltige Kürzungen, sagte er. «Sie schiessen aber nicht gezielt, sondern mit einer Schrotflinte, sodass zufällig irgendjemand getroffen wird.»
Auch die Asylausgaben will der Nationalrat im Vergleich mit dem Ständerat um 344 Millionen Franken senken. Hinzu kommt eine Kreditsperre auf 60 Millionen Franken.
Bauern und Bildung verschont
Mehr ausgeben als der Ständerat will der Nationalrat für die Ausfuhrbeiträge gemäss «Schoggigesetz» (+26,7 Millionen Franken) und die Qualitäts- und Absatzförderung in der Landwirtschaft (+2,5 Millionen Franken). Einig sind sich die beiden Räte dagegen, was die Direktzahlungen betrifft: Diese sollen im Vergleich zum Bundesratsvorschlag um 62 Millionen Franken angehoben werden.
Auch die Bildung soll von Sparmassnahmen verschont bleiben: Für die Universitäten, ETH, Fachhochschulen und Forschungseinrichtungen wollen beide Räte 74 Millionen Franken mehr ausgeben als der Bundesrat. Die Entscheide zu den Landwirtschafts- und Bildungsausgaben stimmen damit mehrheitlich mit den Beschlüssen überein, die das Parlament im Rahmen des Stabilisierungsprogramms 2017-2019 bisher gefällt hat.
Eine weitere Änderung gegenüber dem Bundesratsentwurf betrifft die SIFEM, die Entwicklungsfinanzierungsgesellschaft des Bundes. Im Voranschlag des Bundesrates ist eine Umwandlung der Darlehen an die SIFEM in Eigenkapital vorgesehen. Das Parlament verlangt dazu erst nähere Informationen. Damit wird dieser Punkt aus dem Voranschlag gestrichen – sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben verringern sich um 374 Millionen Franken.
Streit um Schuldenbremse
Ferner sind in der Differenzbereinigung kleinere Posten bei den Ausgaben für die Auslandschweizerbeziehungen (0,3 Millionen Franken), den Integrationsmassnahmen für Ausländer (0,5 Millionen Franken) oder der Jugend+Sport-Aktivitäten (1,5 Millionen Franken) ein Thema. Falls bis zum Schluss keine Einigung zwischen den Räten zustande kommt, gilt jeweils der tiefere Wert.
Unter dem Strich resultiert beim Nationalrat ein struktureller Saldo von 88 Millionen Franken. Das ist im Gegensatz zum ständerätlichen Entwurf konform mit der Schuldenbremse. Dieser rechnet derzeit mit einem Saldo von minus 13,7 Millionen Franken.
Weil der Nationalrat eine Einhaltung der Schuldenbremse als prioritär erachtet, hat er mit 138 zu 57 Stimmen bei einer Enthaltung einer sogenannten Kreditsperre zugestimmt. Diese tritt dann in Kraft, wenn das Parlament bis zum Ende der Wintersession ein Budget verabschiedet, dass die Obergrenze der Schuldenbremse nicht einhält.