Der Karibikstaat Haiti hat drei Jahre nach dem verheerenden Erdbeben der über 220’000 Opfer gedacht. Die Nationalflaggen wehten am Samstag auf Halbmast und die Regierung rief einen Tag des Gedenkens und der Reflexion aus.
Haitis Präsident Michel Martelly appellierte an alle Einwohner, gemeinsam am andauernden Wiederaufbau des Landes mitzuhelfen. „Unsere Zukunft hängt von uns ab“, sagte der Staatschef.
Hilfsorganisationen sprachen von Fortschritten auf dem Weg für eine Stabilisierung, betonten aber zugleich die enormen Probleme des bitterarmen Landes, wo immer noch Hunderttausende Menschen in provisorischen Camps leben. Bei der Katastrophe am 12. Januar 2010 kamen über 220’000 Menschen ums Leben, 1,5 Millionen verloren ihre Wohnung.
Weitere Hilfe zugesichert
Die Internationale Staatengemeinschaft sicherte Haiti zu, den schwierigen Wiederaufbau des Landes auch in Zukunft zu unterstützen. Die Vereinten Nationen, die Europäische Union und die USA verwiesen auf bereits erzielte Fortschritte.
Die EU bekräftigte am Samstag ihre Hilfszusagen. Etwa jeder zweite Haitianer – also gut fünf Millionen Menschen – habe seit Januar 2010 von humanitären Hilfeleistungen der EU profitiert, hiess es in einer Erklärung der EU-Aussenbeauftragten Catherine Ashton sowie der EU-Kommissare Kristalina Georgiewa und Andris Piebalgs. Sie beklagten, dass die Hilfe weiterhin von politischer Instabilität in dem Land behindert werde.
Der UNO-Sonderrepräsentant in Haiti, Mariano Fernandez, sprach den Angehörigen der Erdbeben-Opfer sein Mitgefühl aus und versicherte, die UNO werde weiter ihr Bestmöglichstes tun, um den Wiederaufbau zu stützen und den Rechtsstaat zu stärken. Bei dem Erdbeben starben auch 96 Angehörige der UNO-Stabilisierungsmission MINUSTAH.
Haiti habe seit dem Erdbeben weitere Naturkatastrophen erlebt. Zudem seien der Cholera-Epidemie fast 8000 Menschen zum Opfer gefallen, hiess es in einer UNO-Erklärung. Es müsse trotz der erreichten Fortschritte beim Wiederaufbau noch viel getan werden, um Frieden und Stabilität zu erreichen.
Gesundheitsversorgung unzureichend
Nach Ansicht der Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ ist vor allem die öffentliche Gesundheitsversorgung unzureichend. Verglichen mit der Zeit kurz nach dem Erdbeben habe sich die Lage natürlich gewaltig geändert, sagte die Projektkoordinatorin der Organisation in Haiti, Claudia Evers, der Nachrichtenagentur dpa.
Wenn man durch Port-au-Prince fahre, sehe man kaum noch Zerstörungen. Allerdings lebten von rund 1,5 Millionen Menschen, die nach dem Erdbeben in Camps unterkamen, noch heute mehr als 350’000 in Flüchtlingslagern.
„Als ob Unsicherheit, Krankheiten, Hurrikans nicht genug wären, müssen viele Menschen in den Behelfsunterkünften ständig fürchten vertrieben zu werden“, kritisierte Javier Zúñiga von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International.
Seit dem Erdbeben seien bereits Zehntausende Menschen aus den Camps vertrieben worden. Etwa 80’000 Menschen, die in den auf privaten Grundstücken errichteten Lagern lebten, müssten nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) damit rechnen, zwangsweise geräumt zu werden.