Eine Pflegerin des Alterszentrums Hochweid in Kilchberg ZH soll zusammen mit einer Kollegin eine 88-jährige Bewohnerin ausgeraubt und getötet haben. Die beiden Schweizerinnen sitzen in Untersuchungshaft.
Ebenfalls in U-Haft sitzt ein Kroate, der sich mit der Beute nach Deutschland absetzen wollte. Die Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich hat gegen die Mitarbeiterin des Alterszentrums und eine nicht dort arbeitende Kollegin ein Verfahren wegen vorsätzlicher Tötung und Raub eröffnet. Die beiden mutmasslichen Täterinnen stehen im Verdacht, die Bewohnerin des Zentrums ausgeraubt und getötet zu haben.
Ereignet hat sich die Tat in der Nacht auf den 10. November 2013, wie die Staatsanwaltschaft erst am Freitag mitteilte. Die Angestellte soll sich zusammen mit einer Kollegin Zutritt zur Wohnung der 88-jährigen Bewohnerin verschafft haben – dies in der Absicht, aus der Wohnung Wertgegenstände und Geld zu behändigen, wie es in der Mitteilung heisst.
Dabei sollen laut der Staatsanwaltschaft die beiden Frauen mit körperlicher Gewalt derart auf die betagte Schweizerin eingewirkt haben, dass diese verstarb. Zum genauen Tathergang wollte Staatsanwalt Matthias Stammbach auf Anfrage keine Angaben machen. Eine Schusswaffe sei jedoch nicht im Spiel gewesen. Abgenommen haben die beiden Frauen dem Opfer Geld und Schmuck.
Auf die Spur der Täterschaft führte eine zufällige Grenzkontrolle. Einen Tag nach dem Tötungsdelikt wollte sich ein Kroate nach Deutschland absetzen. Dabei wurde Deliktsgut aus dem Raub in Kilchberg sichergestellt, das die Kantonspolizei Zürich zu den mutmasslichen Täterinnen führte.
Das Zwangsmassnahmengericht hatte gegen alle drei Beschuldigten Untersuchungshaft angeordnet. Gegen den Kroaten läuft ein Verfahren wegen Begünstigung und Hehlerei.
Mutmassliche Täterin war krank geschrieben
Laut Zita Ochsner, Leiterin des Alterszentrums, war die beschuldigte Pflegerin Anfang 2013 als Nachtschwester im Hochweid eingestellt worden. Fachlich sei die 30-Jährige gut gewesen, es habe positive Rückmeldungen gegeben, wie Ochsner auf Anfrage der sda sagte.
2013 habe es jedoch eine Häufung von Diebstählen im Alterszentrum gegeben. Die Heimleitung habe deshalb die Polizei eingeschaltet, obwohl die Bewohner auf eine Anzeige verzichtet hätten. Danach hätten die Diebstähle aufgehört.
Zum Zeitpunkt des Tötungsdeliktes war die beschuldigte Nachtschwester nicht im Dienst. Sie hatte sich laut Ochsner am 27. Oktober krank schreiben lassen. Offensichtlich habe sie jedoch einen Schlüssel zur Wohnung des Opfers besessen.
Am Sonntagmorgen, 10. November, habe die Tochter ihre 88-jährige Mutter in der Zwei-Zimmer-Wohnung der Alterssiedlung besucht. Daraufhin habe sie der Heimleitung mitgeteilt, dass es ihrer Mutter sehr schlecht gehe. Es sei der Notruf 144 alarmiert worden.
Die Sanitäter stellten einen «aussergewöhnlichen Todesfall» fest, deshalb wurde eine Obduktion angeordnet. Nachdem der Leichnam freigegeben wurde, sei die 88-Jährige rund 14 Tage später bestattet worden, sagte die Zentrumsleiterin.
Dass die Staatsanwaltschaft wegen vorsätzlicher Tötung ermittelt, habe die Zentrumsleitung nicht gewusst, betonte Ochsner. «Wir wurden erst am Freitagmorgen mit etwas Vorlauf auf die Medien von der Staatsanwaltschaft darüber informiert.»
Bestürzung im Alterszentrum
Die Leitung des Alterszentrums informierte danach Bewohner, Mieter und Mitarbeitende über den Tod der Heimbewohnerin. «Mit grosser Bestürzung mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass es sich beim Tod unserer Mieterin gemäss den vorläufigen Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden wohl um ein Tötungsdelikt handelt», schreibt der Stiftungsrat in einer Mitteilung.
Man sei sich bewusst, dass das «ausserordentlich tragische Ereignis» das Vertrauen in die Institution belasten könne. Die sofortige Nachforschung und Überprüfung aller Todesfälle im letzten Jahr hätten jedoch keine Hinweise auf weitere ungewöhnliche Vorfälle ergeben.
Alle internen Abläufe würden jedoch nochmals sorgfältig überprüft. «Im Moment sehen wir keine Massnahmen, mit denen diese Tat zu verhindern gewesen wäre», heisst es in der Mitteilung.
Berufsverbände verlangen Massnahmen
Schockiert und entsetzt reagierten auch der Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner SBK und der Berufs- und Personalverband curahumanis auf das Tötungsdelikt in Kilchberg. Die Behörden seien gefordert, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um solche Fälle zu verhindern, heisst es in einer Mitteilung.
Auch in Zeiten des Personalmangels müssten alle Mitarbeitenden von Pflegediensten auf ihre persönliche Integrität hin überprüft werden. Aber auch die Behörden müssten Rahmenbedingungen schaffen, damit genügend finanzielle und personelle Ressourcen vorhanden seien.
Nur so seien Arbeitgeber in der Lage, das Personal gut und eng zu begleiten, um Machtmissbräuche soweit wie möglich auszuschliessen.