Der Nachrichtendienst (NDB) hat die umstrittene Staatsschutz-Datenbank ISIS fertig bereinigt. Er ist damit der Forderung der parlamentarischen Oberaufsicht nachgekommen. Mit rund 60’000 Einträgen ist ISIS auf einen Viertel des ursprünglichen Umfangs geschrumpft.
Die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) übte im Sommer 2010 harsche Kritik an der Staatsschutz-Datenbank ISIS und warf dem NDB gar Gesetzesverstösse vor. Der NDB habe auf Vorrat Daten zu Personen gesammelt, ohne zu prüfen, ob sie auch relevant seien, stellte die parlamentarische Oberaufsicht fest. Viele Daten stammten noch vom früheren Dienst für Analyse und Prävention (DAP).
Auf Geheiss der GPDel musste der NDB alte Einträge kontrollieren und löschen, wenn sich erwies, dass sie nicht hätten gespeichert werden dürfen. Diese Überprüfung ist nun beendet, wie ein Sprecher des NDB am Freitag auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda sagte.
Nur 10 Prozent Schweizer
Bei der Bereinigung fielen wie von der GPDel verlangt zahlreiche Datensätze weg. Einträge, die routinemässig mit dem Programm Fotopass an der Grenze erhoben wurden, löschte der NDB automatisch. Seit Ende 2011 kontrolliert der NDB die Daten auch unmittelbar nach deren Erfassung.
Gleichzeitig wendet der NDB bei der Neuerfassung seit dem GPDel-Bericht von 2010 strengere Kriterien an. Dank besserer Schulung liefern laut NDB die kantonalen Behörden weniger, aber bessere Daten. Nicht verwendete Bericht würden konsequent den Kantonen zurückgesandt. „Qualität vor Quantität“ gelte als Motto.
Deswegen wurde die Datenbank drastisch verkleinert. Rund 60’000 Personen und Organisationen sind derzeit in ISIS erfasst. Vor der Reduktion waren es über 235’000. Weitere Details gibt der NDB nicht preis – etwa zur Zahl der regulär Fichierten und zu den sogenannten Drittpersonen, die lediglich in einem Bezug zu regulär Fichierten stehen. Er hält aber fest, dass unter den fichierten Personen lediglich rund 10 Prozent Schweizer Bürger seien.
Fichierung bei Gewalt
Welchen Kriterien der NDB neu bei der Erfassung folgt, bleibt ebenfalls geheim. Der NDB verweist aber darauf, dass aufgrund der gesetzlichen Grundlage nur Personen und Organisationen fichiert werden, die mit Gewalt in Verbindung gebracht werden können.
Dies trifft laut NDB beispielsweise zu bei einem Rassisten, der einen Brandanschlag verübt, oder bei einer Person, die eine Sachbeschädigung im Rahmen einer Anti-WEF-Demonstration begeht. Nicht in die ISIS-Datenbank gelangen islamische Bewegungen, die Bücher verteilen ohne zu Gewalt aufzurufen.
Alt Ständerat Hansruedi Stadler (UR) beriet den NDB als externer Datenschutzbeauftragter bei der Umsetzung der Massnahmen der GPDel. Stadler hatte beispielsweise die Sperre von alten und nicht überprüften Daten zu kontrollieren.
Weitere Untersuchung nach Datenklau
Nach der ISIS-Affäre ist der NDB nicht vor weiteren Zwischenfällen um seine Daten verschont geblieben. Im Frühjahr 2012 war ein umfangreicher Datendiebstahl festgestellt worden. Nach Angaben des Verteidigungsdepartements (VBS) wurde der mutmassliche Täter, ein NDB-Informatiker, gestellt, bevor er die Daten verkaufen konnte.
Nebst den laufenden Untersuchungen im VBS und durch die GPDel will Verteidigungsminister Ueli Maurer nach dem Datenklau auch die VBS-interne Aufsicht über den NDB überprüfen lassen. Den Auftrag erteilte er dem ehemaligen Direktor des Bundesamts für Justiz, Heinrich Koller, wie Maurer an seinem Medientag am Donnerstag mitteilte. Darüber berichtete am Freitag die „Basler Zeitung“.
Die Datensicherheit in der Bundesverwaltung untersuchen soll ein weiteres Gremium unter der Leitung des Berner Rechtsprofessors Markus Müller. Bis Ende April soll zudem ein Gesetz zur Informationssicherheit im Entwurf vorliegen.
Zum NDB wird bis Anfang Februar ein neues Nachrichtendienstgesetz erwartet. Es wird heikle Fragen zur Überwachung im Rahmen des Staatsschutzes regeln.