Am dritten Tag des Mordprozesses gegen den südafrikanischen Athleten Oscar Pistorius hat ein weiterer Zeuge seine Aussagen über Schreie im Haus des Angeklagten bekräftigt.
Wie schon zwei andere Zeugen zuvor berichtete auch Charl Johnson im Gericht von Pretoria von lauten Hilferufen vor den Schüssen in der Tatnacht.
Unmittelbar vor seiner Vernehmung als Zeuge habe er ausserdem zahlreiche anonyme Anrufe bekommen, sagte Johnson. Nach seinen Angaben erfolgte der erste Anruf, als er im Gericht darauf wartete, in den Zeugenstand gerufen zu werden.
Johnson sagte, nach dem ersten Anruf habe er sein Handy ausgeschaltet, und als er es wieder einschaltete, habe er darauf zahlreiche Anrufe in Abwesenheit gesehen. Auf der Mailbox sei eine Nachricht «von einer Person aus dem Ausland» gewesen.
Der Anrufer habe ihm in einem einschüchterndern Ton vorgeworfen, vor Gericht zu lügen. «Wir wissen, dass Oscar Reeva nicht getötet hat», habe er gesagt. Anschliessend seien weitere Drohanrufe gefolgt. Da alle seine privaten und beruflichen Kontakte diese Telefonnummer wählten, sehe er sein Privatleben beeinträchtigt, sagte Johnson.
Richterin kritisiert Kreuzverhör
Pistorius-Verteidiger Barry Roux versuchte, im Kreuzverhör die Aussage Johnsons zur Tatnacht infrage zu stellen. Dessen Darstellung wurde allerdings am Mittwoch dadurch gestützt, dass er sagte, schon kurz nach den dramatischen Ereignissen anderen Menschen die gleichen Details berichtet zu haben.
Roux zeigte sich verwundert, dass Johnsons Aussage auch bei der Wortwahl erstaunlich gleich klinge wie bei seiner Frau, die als erste Nachbarin im Zeugenstand war. Als der Anwalt suggerierte, die beiden hätten sich abgesprochen, griff die Richterin ein und ermahnte ihn, dass er jetzt «zu weit gegangen sei».
In den frühen Morgenstunden des 14. Februar 2013 hatte Pistorius seine Freundin Reeva Steenkamp in seiner Wohnung durch eine verschlossene Badezimmertür erschossen. Pistorius sagte danach aus, er habe einen Einbrecher im Haus vermutet. Zudem hatte er von einem harmonischen Abend mit Steenkamp gesprochen. Dieser Darstellung würden laute Hilferufe aber widersprechen.
Mit Pistole in Restaurant hantiert
Als vierter Zeuge der Anklage berichtete der Profi-Boxer Kevin Lerena über einen Vorfall in einem Restaurant, wo Pistorius mit einer Pistole unter dem Tisch geschossen hatte und danach einen Freund bat, dafür die Verantwortung zu übernehmen.
«Sag einfach, Du warst es, ich will keine Spannungen in meinem Umfeld», habe Pistorius zu Darren Fresco nach dem Schuss gesagt, so der Zeuge über das gemeinsame Mittagessen im Kreise einiger Freunde in dem voll besetzten Johannesburger Lokal im Januar 2013.
Der Schuss habe seinen Fuss nur um ein Haar verfehlt. «Ich schaute hinunter und neben meinem Fuss war ein Loch im Fussboden. Ich war nicht verletzt, (…) Ich war sehr schockiert», sagte Lerena. Pistorius habe sich für den Schuss entschuldigt.
Der Besitzer des Restaurants, Jason Loupis, bestätigte im wesentlichen die Schilderungen des Boxers. Die Anklage will mit den Zeugen des Mittagessens offensichtlich nachweisen, dass Pistorius einen unvorsichtigen und rücksichtslosen Umgang mit Waffen pflegte.
Der Prozess ist vom Gericht auf 15 Verhandlungstage angesetzt. Da die Staatsanwaltschaft allein 107 Zeugen benannt hat, wird mit einem deutlich längeren Prozess gerechnet. Erstmals in der Geschichte Südafrikas wird ein Mordprozess in weiten Teilen live vom Fernsehen übertragen. 300 Journalisten aus dem In- und Ausland verfolgen den spektakulären Prozess.