Mit tödlicher Wucht hat der Wirbelsturm «Pam» im Pazifikstaat Vanuatu gewütet. Möglicherweise kamen Dutzende Menschen ums Leben, wegen des Kollaps des Telekommunikationsnetzes ist das Ausmass der Schäden noch unklar.
Häuser und Regierungsgebäude in der Hauptstadt Port Vila seien komplett zerstört, berichtete der Sprecher der Behörde für Katastrophenschutz, Mishaen Lulu Garae, am Samstag dem neuseeländischen Radio. Auch ein Teil des Zentralspitals sei verwüstet worden.
Nach seinen Angaben gibt es keinen Kontakt zu den über 80 anderen Inseln. Deshalb sei es unmöglich, die Schäden und Opferzahlen einzuschätzen. Nach unbestätigten Berichten seien über 44 Menschen ums Leben gekommen, teilte das UNO-Büro für Nothilfe mit.
«Völlige Zerstörung»
Save the Children-Mitarbeiter Tom Skirrow berichtete aus Port Vila von «völliger Zerstörung – Häuser sind verwüstet, Bäume entwurzelt, Strassen blockiert und Menschen irren auf den Strassen umher auf der Suche nach Hilfe». Das Ausmass werde erst in einigen Tagen klar sein.
Charlie Damon von Care International berichtete von überschwemmten Notunterkünften. «Wenn dies das Ausmass für Gemeinden mit Notunterkünften ist, sind wir zutiefst besorgt darüber, was in abgelegeneren Gemeinden ohne solche Einrichtungen passiert ist.»
«Wir haben Tote gesehen, möglicherweise gibt es viele Tote, aber das können wir noch nicht sagen», erklärte UNO-Büroleiter Sune Gudnitz. Es gebe Berichte über «ausgedehnte Zerstörungen», Trümmer auf den Strassen und grossflächige Überschwemmungen. «Eine Katastrophe dieses Ausmasses gab es in der jüngeren Geschichte Vanuatus nicht.»
«Minuten des Schreckens»
Der Wirbelsturm der höchsten Kategorie fünf hatte Vanuatu mit voller Wucht getroffen, Sturmböen erreichten Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 330 Stundenkilometern. UNICEF-Sprecherin Alice Clements sprach im Sender Radio New Zealand von «15 bis 30 Minuten absoluten Schreckens».
UNICEF-Neuseeland-Chefin Vivien Maidaborn erklärte, es handle sich möglicherweise um die bislang grösste Unwetterkatastrophe in der Pazifikregion. Es sei zu befürchten, dass tausende Menschen betroffen seien. In ihrem Hotel sei die Schiebetür ihres Zimmers «komplett weggeblasen» worden – «es war erschreckend».
Die Mitarbeiterin der Hilfsorganisation WorldVision, Chloé Morrison, sagte, ganze Dörfer seien «buchstäblich weggeblasen», Häuser und Hütten wie «Konfetti» durch die Luft gewirbelt worden. «Ich bin durch die Strassen gegangen, es ist ein Bild absoluter Verwüstung». Tausende Einwohner der Hauptstadt seien obdachlos.
Richtung in letzter Minute geändert
Laut australischem Wetterdienst änderte «Pam» in letzter Minute die Richtung und zog näher an Port Vila vorbei als vorhergesagt. Auf der Hauptinsel leben rund 65’000 Menschen. Der lokale Wetterdienst warnte vor weiteren «sehr zerstörerischen» Böen, heftigen Regenfällen und Überschwemmungen am Samstag.
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon sprach den betroffenen Menschen sein Mitgefühl aus. Australiens Aussenministerin Julie Bishop versprach Hilfe, Neuseeland sagte eine Million Neuseeland-Dollar Soforthilfe zu. Die Hilfsorganisationen wollen ab Sonntag mit ihren Hilfsmassnahmen beginnen.
Dicht besiedelte Inseln
Vanuatu ist dicht besiedelt. Die Inseln haben zwar Berge, aber die meisten der 250’000 Einwohner wohnen in Küstennähe meist in einfachen Hütten.
Während der wärmeren Monate kommt es im Pazifik immer wieder zu Wirbelstürmen. Vor einem Jahr hatte der Zyklon «Lusi» auf Vanuatu schwere Schäden angerichtet, elf Menschen kamen ums Leben.
Der bislang stärkste Sturm in der Region war dem Wetterdienst in Fidschi zufolge «Zoe» im Jahr 2002. Nach Angaben der Behörde schwächt sich «Pam» langsam ab und soll nun zwischen Fidschi und Neukaledonien hinweg nach Neuseeland ziehen, wo «Pam» am Montag die Nordinsel treffen soll.