Gut zehn Monate nach dem verheerenden Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesch mit hunderten Toten besteht kaum noch Hoffnung, bislang unbekannte Opfer zu identifizieren – und Hinterbliebenen damit Schadenersatz zu ermöglichen.
Mehr als einhundert Leichen konnten nicht identifiziert werden, obwohl zahlreiche Menschen auf der Suche nach vermissten Angehörigen DNA-Proben abgegeben hatten, wie das für die Untersuchung zuständige Labor am Montag mitteilte. Nur für zweifelsfrei identifizierte Opfer können Hinterbliebene auch Schadenersatz geltend machen.
Das schlimmste Industrieunglück in der Geschichte Bangladeschs hatte sich Ende April 2013 am Rande der Hauptstadt Dhaka ereignet. Dort stürzte ein neunstöckiges Textilfabrikgebäude in sich zusammen, über Wochen hinweg wurden insgesamt mehr als 1100 Leichen aus den Trümmern gezogen. Durch die Tragödie gerieten die Arbeitsbedingungen der Textilarbeiter in dem südasiatischen Land auch international stark in die Kritik.
Die Behörden liessen 322 stark verweste oder anderweitig unkenntliche Leichen begraben, nachdem zuvor DNA-Proben entnommen worden waren. «Von diesen 322 Menschen haben wir jetzt 200 identifiziert», sagte der Leiter des Nationalen Forensischen DNA-Labors, Sharif Akhteruzzaman, der Nachrichtenagentur AFP.
Die letzten 43 DNA-Übereinstimmungen mit dem gesammelten Genmaterial von 549 Verwandten seien noch diesen Monat festgestellt worden. Für die übrigen gebe es aber «keine Hoffnung» mehr, sagte Akhteruzzaman, der in der Vergangenheit Zweifel an der Verwertbarkeit der DNA-Proben geäussert hatte.
Familien von 800 Opfern entschädigt
Dutzende Familien müssen somit davon ausgehen, niemals Gewissheit über den Tod ihrer Nächsten zu bekommen. Bislang hat die Regierung von Bangladesch nach eigenen Angaben die Familien von rund 800 Unglücksopfern entschädigt. Verzögerungen erklären die Behörden mit fehlenden Identitätsnachweisen, hinzu kommen lückenhafte Gehaltsnachweise der Arbeitgeber.
Rund 80 Prozent aller Exportwaren des Landes werden in den Textilfabriken produziert. Oft sind die Arbeitsbedingungen und Löhne jedoch miserabel, lange Schichten an sechs Tagen pro Woche keine Seltenheit. Hinzu kommt die häufige Missachtung von Sicherheitsvorschriften in den Fabriken.