«Dying Light»: Zombies, Zombies, Zombies

Zombies sind in – ob im Kino, im Fernsehen oder als Game. Das polnische Entwickler-Team will es mit «Dying Light» der Konkurrenz zeigen und alles besser machen. Ob ihnen das gelungen ist? Die türkische Stadt Harran ist Schauplatz einer Zombie-Infektion. Eine Organisation namens GRE (Global Relief Effort) schickt ihren Top-Agenten Kyle Crane per Fallschirm in […]

Nachts kommen die wirklich üblen (in jedem Sinne) Zombies aus den Höhlen...

Zombies sind in – ob im Kino, im Fernsehen oder als Game. Das polnische Entwickler-Team will es mit «Dying Light» der Konkurrenz zeigen und alles besser machen. Ob ihnen das gelungen ist?

Die türkische Stadt Harran ist Schauplatz einer Zombie-Infektion. Eine Organisation namens GRE (Global Relief Effort) schickt ihren Top-Agenten Kyle Crane per Fallschirm in die Stadt, um wichtige Dokumente zu beschaffen, die den Schlüssel zum Zombie-Virus enthalten sollen. Crane trifft in der Stadt auf nette Überlebende, fiese Gangs – und eine ganze Menge blutrünstiger Zombies.

Zombies sind seit einiger Zeit sehr «en mode» – die unglaublich erfolgreiche TV-Serie «The Walking Dead» ist daran nicht ganz unschuldig. Auch im Kino («World War Z») oder eben als Spiele («The Walking Dead – The Game», «Dead Island»): Zombies wohin man schaut. Es besteht also durchaus Gefahr, dass die Konsumentinnen und Konsumenten der Materie etwas überdrüssig werden.

Lästige und superüble Zombies

Dem versucht das polnische Entwickler-Team Techland mit einigen Neuerungen entgegen zu halten, damit sich «Dying Light» von der Masse abheben kann. Mit der Materie sind die Macher schliesslich bestens vertraut, zeichnen sie doch bereits für den Überraschungshit «Dead Island» und dessen Fortsetzung «Riptide» verantwortlich. 

Das augenfälligste (und auch titelgebende) neue Feature ist der Tag- und Nacht-Zyklus. Sind tagsüber die Zombies zwar lästig und gerade in grösseren Gruppen höchst unangenehm, werden sie in der Nacht zu einer fast unüberwindbaren Gefahr. Nachts sind nämlich superüble Jäger-Zombies unterwegs, die einen schneller töten, als man seine Taschenlampe anschalten kann. Deshalb vergibt das Spiel einem auch einen Punkte-Bonus, wenn man sich Nachts heraus wagt. 

Überhaupt ist «Dying Light» ein Spiel für vorsichtige Naturen. Hier holt der Held nicht die grosse Wumme raus und mäht die Untoten Dutzendweise nieder. Hier muss geflohen werden, nicht gekämpft. Muss man doch einmal Waffen einsetzen, sind dies vorzugsweise Nahangriffs-Waffen, die auch modifiziert und repariert werden dürfen. Der Rest ist rennen, springen und klettern, fast wie in «Mirror’s Edge».

Nervige Steuerung und Story

Die Grafik sieht ganz nett aus, und vor allem der Tageszeiten-Wechsel ist hübsch umgesetzt. An die apokalyptischen Grafik-Trouvaillen von «The Last of Us» reicht «Dying Light» aber nicht heran. Auch die Sprecher wurden durchs Band solide besetzt, mehr nicht. Die Steuerung ist auf den ersten Blick gut umgesetzt, ist aber gerade in hektischen Momenten etwas fummelig. Dies nicht zuletzt, weil sich der berüchtigte «Assassin’s Creed»-Effekt bemerkbar macht: Ich werde verfolgt, habe es eilig, doch da springt meine Spielfigur erstmal in eine Mülltonne, statt auf das rettende Hausdach zu klettern. (Und nein, das ist kein «Realismus», das ist bloss eine fehlerhafte Kollisionsabfrage).

«Dying Light» hat einige unübersehbare Stärken: Den Tageszeiten-Zyklus, die Parkour-Elemente und den Nahkampf-Charakter beispielsweise. Auch der Multiplayer Modus «Be The Zombie», der es einem erlaubt, in die Spiele anderer «einzubrechen» und als Zombie deren Leben zur Hölle zu machen, ist durchaus unterhaltend. Unglücklicherweise sind einige Elemente dann wiederum genau so schlecht, wie die anderen gut sind.

Am nervigsten ist die Story: Dass sich ein Klischee an das nächste reiht, mag man dem Spiel ja noch verzeihen, auch dass der grösste Teil der Geschichte schon gefühlte 500’000 Mal von anderen Spielen erzählt wurde. Dass die Hauptfigur aber eine derart lahme und langweilige Persönlichkeit ist, dann eben nicht mehr.

Lachnummer statt Held

Agent Kyle Crans ist Mitglied einer Super-Sondereinheit. Er wird ganz alleine in eine verseuchte Stadt geschickt. Wer solche Aufträge verteilt, schickt nicht einen naiven Deppen, der nach zwei Kopfstössen eines armlosen Zombies fast den Löffel abgibt. Oder einen Tollpatsch, der nicht mal auf ein Kiosk-Häuschen klettern kann, ohne runter zu fallen. Ich erwarte in einem solchen Szenario als Hauptfigur eine Reinkarnation von Snake Plissken – und nicht Mr. Bean.

Sorry, «Dying Light», du unterhältst für ein paar Stunden Zombie-Jagd (oder Flucht) wirklich gut. Aber wenn du einen festen Platz in meiner PlayStation für die nächsten vier Monate buchen willst, musst du dir eine bessere Story einfallen lassen. Geh ruhig nochmals nach Hause und denk drüber nach. Und wenn du fertig bist, werde ich dich mit offenen Armen empfangen – egal ob du dann «Dead Island 3» oder «Dying Light 2» heisst. Ein kleines Plätzchen halte ich dir gerne frei, ich kenne nämlich durchaus deine Qualitäten und sehe dein Potenzial. Darum gibt’s einen aufmunternden Spieltrieb-Faktor von 7 von 10.

 

Titel: Dying Light
Plattform: PS4, XBOX ONE, PC
PEGI: Ab 18 Jahren
Spieler: 1-4 (Coop)
Preis: ca. 69 Franken

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