Im zweiten Test gegen Weissrussland entgleitet der Schweiz in der Schlussminute eine Zweitore-Führung. Beim 31:31 hinterlässt Michael Suters Equipe gleichwohl einen vielversprechenden Eindruck.
Die unvorteilhafte Schlussminute wird dem verjüngten SHV-Ensemble vermutlich als lehrreiche Lektion in Erinnerung bleiben. Suters Ärger über den späten Ausgleich des WM-Teilnehmers Weissrussland hielt sich in Grenzen, der Ausbildner hat das grosse Bild im Kopf: «Aus solchen Sequenzen können junge Spieler immer etwas mitnehmen. Vielleicht ist es für die Entwicklung der Mannschaft fast besser, wie es am Ende gelaufen ist.»
Suter sah während der für ihn aufschlussreichen Testspiel-Doublette am Wochenende in 120 mehrheitlich guten Minuten gegen einen physisch imponierenden Kontrahenten «alle Facetten des Handball-Sports». Der Nationalcoach sprach von «zwei sehr erfrischenden Auftritten» und vom Plus, trotz erheblicher personeller Engpässe «immer wieder Lösungen gefunden zu haben».
Obschon die Schweizer im Aufbau am Tag nach dem 32:28-Erfolg neben den verletzten Stammkräften Lenny Rubin, Lukas von Deschwanden und Luka Maros wie vereinbart auch noch ohne den Weltklasse-Mittelmann Andy Schmid auszukommen hatten, büssten sie in der gegnerischen Zone kaum an Durchschlagskraft ein. In der ersten Hälfte der zweiten Partie erreichten sie gar eine auf internationalem Level aussergewöhnliche Angriffseffizienz von 83 Prozent; nach 13 Partien unter Suter sind sie in der Offensive bei einem ansprechenden Mittel von 27,5 Treffern angelangt.
«In vielen Momenten näherten wir uns dem Maximum», bilanzierte Suter. «Und das interessiert mich als Trainer am meisten.» Er habe generell auf und neben dem Feld eine ausgesprochene Dynamik ausgemacht. Da müsse mental einiges stimmen, von ungefähr komme eine solche Entwicklung auf dem Parkett nicht. Seine Spielidee sei inzwischen verankert, so Suter: «Jedem ist klar, was zu spielen ist. Sonst wäre eine solche Leistung bei so vielen Abwesenden gar nicht möglich.»
Seit Suters Einstand im vergangenen Juni hat sich eine Gruppe gebildet, die weniger von einzelnen Figuren abhängt und von der Konkurrenz entsprechend schwieriger zu berechnen ist. «Da wächst etwas zusammen», sagt der Trainer sieben Wochen vor der Fortsetzung der EM-Ausscheidung (gegen Portugal) über sein Team. «Jeder kommt gerne in die Nationalmannschaft.» Das war nicht immer so.
Auch eine internationale Grösse wie der Bundesliga-Star Schmid fühlt sich im Umfeld der aufstrebenden Talente wohl. Die von Suter angestrebte Winner-Mentalität ist für den Regisseur des deutschen Champions Rhein-Neckar Löwen deutlich erkennbar: «Wir machen 60 Minuten lang Tempo, das ist eine neue Art und Weise.»
Er habe das Camp am Samstag mit «starken Eindrücken und viel Drive» verlassen und konzentriere sich nun mit einem positiven Gefühl auf das Champions-League-Derby gegen den THW Kiel.