Weil die Eurozone in der Krise steckt und die bisherigen Wachstumstreiber in der Schweiz nachlassen, ist Economiesuisse weniger optimistisch als vor einem halben Jahr. Die Schweizer Wirtschaft soll laut dem Wirtschaftsdachverband 2015 nur noch um 1,6 Prozent wachsen.
Im Juni ging Economiesuisse noch von einem Wachstum des Bruttoinlandproduktes (BIP) von 2,0 Prozent für das nächste Jahr aus. Für das laufende Jahr sieht sich der Verband sogar zu einer noch stärkeren Korrektur gezwungen: Anstatt 2,3 Prozent soll das Wachstum 2014 nur noch 1,8 Prozent betragen.
Economiesuisse-Chefökonom Rudolf Minsch gab am Montag zwei Hauptgründe für diese Korrekturen an: «Auf der einen Seite wirkt die schwächelnde europäische Konjunktur als Bremsblock für die Schweizer Exportwirtschaft, auf der anderen Seite hat die Schweizer Binnenwirtschaft den Höhepunkt überschritten.»
Trotzdem halte sich die Schweizer Wirtschaft insbesondere im Vergleich mit der europäischen gut. Die Arbeitslosenquote soll darum im nächsten Jahr auch nur geringfügig von 3,2 auf 3,3 Prozent steigen.
Bauwirtschaft hat Höhepunkt überschritten
Für die nachlassende Dynamik in der Schweizer Binnenwirtschaft ist laut Minsch an erster Stelle die Bauwirtschaft verantwortlich. Sie wird 2015 kein Wachstumstreiber mehr sein, weil die Baubewilligungen rückläufig seien und es im Tiefbau keine neuen Grossbauprojekte gebe.
Ebenfalls schwächere Wachstumsimpulse kämen im nächsten Jahr von der Zuwanderung, dem Gesundheitswesen und den Löhnen. Die Löhne sollen zwar auch im nächsten Jahr noch um ein Prozent steigen. Die Zunahme falle jedoch schwächer als in der Vergangenheit aus.
Nach wie vor ein Wachstumstreiber bleibe dagegen die Exportwirtschaft. Der Wirtschaftsdachverband sagt voraus, dass die Ausfuhren 2015 um 2,9 Prozent zunehmen, wobei jedoch nicht jedes Exportunternehmen auch tatsächlich zulegen könne.
Uhrenindustrie bleibt Wachstumstreiber
Während die Medizinaltechnik-Branche, die Uhren- und die Pharmaindustrie vom Aufschwung in den USA und in Asien profitiere, werde die stärker auf Europa ausgerichtete Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM) weiter unter der schwachen Konjunktur in der Eurozone leiden.
Gravierend sei vor allem die schlechte wirtschaftliche Verfassung der Nachbarländer Italien und Frankreich, sagte Minsch. Aber auch die Konjunkturlokomotive Deutschland schwächle. «Zum Glück ist die Schweizer Wirtschaft breit aufgestellte und nicht nur von Europa abhängig.»
Abwärtsrisiken dominieren
Im Gegensatz zu früheren Jahren gibt es zudem kaum Aussicht darauf, dass die Realität die Prognosen übertreffen wird. «Die Weltwirtschaft ist an einem kritischen Punkt», sagte Minsch. An den Finanzmärkten setze sich nämlich die Einsicht durch, dass die Geldpolitik keine strukturellen Probleme lösen könne.
Ein Wiederaufflammen der Eurokrise sei darum durchaus möglich. Ebenso bestehe die Gefahr, dass der Ausstieg der USA aus der ultra-expansiven Geldpolitik zu grösseren Verwerfungen an den Finanzmärkten führe.