Angesichts der festgefahrenen Situation bei der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative warnt Economiesuisse-Präsident Heinz Karrer vor einem Wegfall der bilateralen Verträge der Schweiz mit der EU. Das Bruttoinlandprodukt der Schweiz wäre heute etwa 200 Mrd. Fr. tiefer.
Dies hätten Berechnungen des Forschungsinstituts Prognos ergeben. «Wir würden uns immer noch auf dem Stand der 1990er-Jahre bewegen, und unser Pro-Kopf-Einkommen wäre um rund ein Viertel niedriger», sagte Karrer am Freitag am «Tag der Wirtschaft» in Zürich laut Redetext. Ohne die Bilateralen würde den Schweizer Unternehmen ganz grundsätzlich der Zugang zum europäischen Binnenmarkt massiv erschwert.
Dies wenn etwa in der Schweiz hergestellte Maschinen oder Medizinprodukte aufgrund der unterschiedlichen Normierungen nicht mehr ohne weiteres in die EU exportiert werden könnten. «Bisher sparte unsere Exportindustrie durch den Abbau technischer Handelshemmnisse jährlich nämlich 200 Mio. bis 500 Mio. Franken», sagte der Präsident des Wirtschaftsdachverbandes. Dies wiederum habe wichtige Investitionen in Forschung und Entwicklung ermöglicht.
Es steht viel auf dem Spiel
«Was heisst das für unsere Industrie, wenn sich unsere Firmen nicht mehr um Aufträge im öffentlichen Beschaffungswesen der EU bewerben können?», fragte Karrer. «Diese belaufen sich auf ein Niveau von 1500 Mrd. Franken – pro Jahr.»
Zudem hätte der Wegfall des Landverkehrsabkommens erhebliche Auswirkungen auf die Schweiz als wichtige Verkehrsdrehscheibe in Europa. Weiter sei die Funktion des Flughafens Zürich als Flugverkehrsdrehkreuz für Wirtschaft und Tourismus gefährdet. Und im Gesundheitswesen würden gemäss Schätzungen von Curaviva allein in der Pflege pro Jahr über 6000 Fachkräfte fehlen. Dies würde das Schweizer Gesundheitswesen beeinträchtigen.
Karrer forderte eine Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative möglichst in Einklang mit den bilateralen Verträgen. Eine schnelle Lösung sei aber kaum realistisch. «Es braucht sowohl in der Schweiz als auch bei der EU Zeit, viel Überzeugungsarbeit und Verhandlungsgeschick, damit man für beide Seiten zu einer konstruktiven Lösung kommt.»
Nein zur Ecopop-Initiative
«Deshalb lehnen wir die Ecopop-Initiative, die noch viel dramatischere Beschränkungen der Zuwanderung vorsieht, entschieden ab», sagte Karrer. Die Initiative, die am 30. November zur Abstimmung kommt, fordert, dass die ständige Wohnbevölkerung durch die Zuwanderung nur noch um maximal 0,2 Prozent wachsen darf.
«Gleichzeitig soll die Schweiz mindestens 10 Prozent ihres Budgets für Entwicklungszusammenarbeit für Verhütungsmassnahmen und Familienplanung reservieren», sagte Karrer: «Die Vorstellung, dass die Verringerung der Kinderzahl in anderen Staaten in der Schweizer Verfassung festgeschrieben werden soll, ist geradezu absurd.»
„Viel schlimmer noch ist aber der Umstand, dass die Initiative die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes abwürgen würde. Die Wirtschaft werde sich deshalb mit ganzer Kraft gegen diese für den Schweizer Wohlstand schädliche Initiative einsetzen.