Ehemaliger KP-Generalsekretär Polens freigesprochen

Vor 30 Jahren wurde in Polen das Kriegsrecht verhängt. Das kommunistische Regime wollte so die Demokratiebewegung stoppen. Der damalige Innenminister wurde nun zu einer zweijährigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt.

Der einzige anwesende Angeklagte Stanislaw Kania wurde freigesprochen (Bild: sda)

Vor 30 Jahren wurde in Polen das Kriegsrecht verhängt. Das kommunistische Regime wollte so die Demokratiebewegung stoppen. Der damalige Innenminister wurde nun zu einer zweijährigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt.

General Czeslaw Kiszczak wurde am Donnerstag von einer Strafkammer des Bezirksgerichts Warschau wegen der Bildung einer illegalen bewaffneten Gruppe und Menschenrechtsverbrechen unter kommunistischer Herrschaft schuldig gesprochen. Zwei weitere Mitglieder des damaligen polnischen Staatsrats kamen straflos davon. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Der damaligen Staatsführung sei bewusst gewesen, „dass der Kriegszustand gegen das Gesetz verstiess“, hiess es in der Urteilsbegründung. Zum Zeitpunkt der Verhängung des Kriegsrechts habe keine unmittelbare Bedrohung Polens etwa durch einen Einmarsch der Warschauer-Pakt-Staaten gedroht.

Mildes Urteil

Der 86-jährige Kiszczak war zur Urteilsverkündung nicht anwesend, er liess sich durch seine Anwälte vertreten. Von den drei Angeklagten war nur Stanislaw Kania, der einstige Generalsekretär der Kommunistischen Partei Polens, zur Urteilsverkündung erschienen.

Für den 84-Jährigen endete der Prozess mit einem Freispruch. Das Verfahren gegen ein weiteres 82-jähriges Staatsratsmitglied wurde wegen Verjährung ausgesetzt.

Schon als die Staatsanwaltschaft im vergangenen Dezember in ihrem Schlussplädoyer Bewährungsstrafen forderte, war deutlich geworden, dass das Urteil gegen die greisen Angeklagten milde ausfallen würde. Das Verfahren gegen Wojciech Jaruzelski, den einstigen Staatsratsvorsitzenden, war bereits im Sommer wegen einer schweren Erkrankung des Generals eingestellt worden.

Tumult im Gerichtssaal

Mit dieser eher symbolischen Gerechtigkeit wollten sich Dutzende Demonstranten rechtskonservativer und nationaler Gruppen nicht abfinden. Sie sorgten mit Tumulten im Zuschauerraum des Gerichts für eine fast dreistündige Verzögerung der Urteilsverkündung. Mit Pfiffen und „Mörder“-Rufen wurden Kania und die Verteidiger empfangen. Erst nach Ausschluss der Zuschauer konnte das Urteil verkündet werden.

Kania verteidigte erneut den Entscheid der kommunistischen Führung, mit der Verhängung des Kriegsrechts am 13. Dezember 1980 den Demokratisierungsprozess zu stoppen und die unabhängige Gewerkschaft „Solidarnosc“ zu verbieten. „Es gab keine Verbrechergruppe“, betonte er nach seinem Freispruch.

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