Wenn Ruedi Häusermann mit deiner „Eidgenössisch Moos“-Kapelle zum Konzert in die Kaserne lädt geschieht Eigenartiges: Urbane Kunstsammler geraten in Verzückung über urchige Ländler. Städtische Mülltrenner lauschen dem Klang einer Bass-Klarinette ebenso gebannt wie dem Rutschen eines Stuhls.
(Bild: Hansjörg Betschart)
Wenn Ruedi Häusermann mit seiner „Eidgenössisch Moos“-Kapelle zum Konzert in die Kaserne lädt geschieht Eigenartiges: Urbane Kunstsammler geraten in Verzückung über urchige Ländler. Städtische Mülltrenner lauschen dem Klang einer Bass-Klarinette ebenso gebannt wie dem Rutschen eines Stuhls. Wenn Häusermann hinter seinen dicken Brillengläsern der Welt ins Ohr schaut, ist es, als könnte er eine gemeinsame Zeiterfahrung von Stadt und Land im Klang einer Klarinette zusammenfassen: Seine Figuren chrampfen auf verlorenen Posten. Wenn sie ihren Senf dazugeben, dann wortwörtlich: Auf dem Hellraumprojektor verwandelt sich sogar der Senfrest in ein kleines Bergidyll.
„Eidgenössisch Moos“ rackert sich ab an der Sprachfindung. Die Kapellenmitglieder erheitern sich an der Mühsal des Daseins. Hinter jeder ihrer Weltanschauungein steckt eine kompromisslose Weltanhörung. Eine Belauschung eines sich immer schneller entfernenden Echos von Gegenwart. Wenn „Eidgenössisch Moos“ nach Worten suchen, finden sie immer einen Klang, der irgendwo tief in der Schweiz wohnt. Trotz aus Freude. Ihre Melodien sehnen sich nach Freude! Freude! Und wenn die Dreier-Kapelle ihren Weggefährten Robert Walser weiterdichtet, dann ist es, als wolle sie uns das Herz zerreissen, über den Verlust der vielen Genüsse, die so eine Emmentalwanderung bieten würde, wenn wir dazu Zeit fänden. Wenn Häusermann sich zu Misstönen, die er auf dem Land im Land ortet, äussert, dann sanft und lüpfig. Er benutzt jenen anarchistischen Sprengstoff, den Machthaber nicht entschärfen können: Freude. Seine Figuren holen bloss Luft, um etwas Unerhörtes zu sagen. Sagen tun sie es nicht. Sie lassen uns trotzdem hören: In der Musik die uns da zu Ohren kommt, ist viel Unerhörtes: Der Berg aus Senf könnte auch ein Endlager sein. Aber zum Trotz gibt’s dann zum Schluss doch noch die Freinacht. Auch eine Art Freiheit. Noch heute und morgen in der Kulturwerkstatt.