Wenn Bauern Bauland verkaufen, sollen sie keine Bundessteuer bezahlen. Das hat der Nationalrat beschlossen.
Der Nationalrat macht den Bauern ein Millionengeschenk: Sie sollen auf Gewinnen aus dem Verkauf von Bauland keine Bundessteuer zahlen müssen. Beim Bund und bei den Sozialwerken würde das zu geschätzten Ausfällen von 400 Millionen Franken pro Jahr führen.
Die Vorlage stammt zwar vom Bundesrat. Dieser hat sie aber nur darum ausgearbeitet, weil er vom Parlament den Auftrag dazu erhalten hat. Auslöser war ein Bundesgerichtsentscheid von 2011. Vorher waren Gewinne aus dem Verkauf von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken von der direkten Bundessteuer befreit.
Das Bundesgericht begrenzte dieses Privileg auf Grundstücke, die dem Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht unterstellt sind. Seither sind die Gewinne aus dem Verkauf von Baulandreserven des Anlagevermögens von Landwirtschaftsbetrieben voll steuerbar. Eine von beiden Kammer gutgeheissene Motion verlangte, dass das rückgängig gemacht wird.
«Konfiskatorische Abschöpfung»
Das entspreche dem Willen des Gesetzgebers, erklärte Bauernverbands-Präsident Markus Ritter (CVP/SG). Die neue Praxis führe zu Fällen, in welchen 50 Prozent Steuern fällig würden. Kommissionssprecher Leo Müller (CVP/LU), von dem die Motion stammt, sprach von einer «konfiskatorischen Abschöpfung».
Olivier Feller (FDP/VD) nannte die Vorlage ein «Korrekturgesetz». Das Bundesgericht habe eine Ungleichbehandlung geschaffen zwischen Bauern und privaten Grundbesitzern, weil für sie unterschiedliche Steuersätze gälten.
Kathrin Bertschy (GLP/BE) hingegen sprach von einem «ungerechtfertigten Privileg». Der Wertzuwachs werde beim Kulturland nicht besteuert, weil man den Preis nicht in die Höhe treiben wolle. Bei Bauland handle es sich aber um reine Planungsgewinne, die ohne eigene Leistung erwirtschaftet worden seien.
Dieses «massive Steurprivileg» verletzte den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, sagte FDP-Sprecher Beat Walti (ZH). Zudem schaffe es einen Anreiz für die Einzonung von Kulturland. Durch die Praxisänderung könne es zwar zu Härtefällen kommen, die meisten davon könnten aber mit einem Steueraufschub vermieden werden.
«Das Gegenteil von Landwirtschaft»
SP-Sprecher Beat Jans (BS) stellte klar, dass es bei dem Streit nicht um die Landwirtschaft gehe, sondern um den Verkauf von Landwirtschaftsland als Bauland. «Das ist das Gegenteil von Landwirtschaft», sagte Jans. Für die Steuerausfälle aufkommen müssten Lohnempfänger, Gewerbetreibende und auch Bauern, die kein Bauland zu verkaufen hätten.
Finanzminister Ueli Maurer sprach ebenfalls von einer «Privilegierung». Der Bundesrat sei der Auffassung, dass das Gesetz das Gebot der Rechtsgleichheit verletze. Auch werde nicht nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit besteuert. Aus diesen Gründen hatte der Bundesrat darauf verzichtet, dem Parlament die Annahme der Vorlage zu empfehlen.
Der Nationalrat tat dies trotzdem, und zwar mit 100 zu 84 Stimmen bei 3 Enthaltungen. SVP und CVP stimmten geschlossen zu, einzelne Stimmen kamen aus der FDP. Auf Antrag der Kommission beschloss der Nationalrat dabei auch, dass alle noch hängigen Veranlagungen nach dem neuen Recht beurteilt werden sollen. Bedenken wegen der Unzulässigkeit der Rückwirkung verhallten ungehört.
Die Vorlage geht nun an den Ständerat. Dieser hatte die Motion ebenfalls angenommen. Seine Finanzkommission lehnt die gestützt darauf erarbeitete Gesetzesänderung wegen der hohen Steuerausfälle jedoch mit grosser Mehrheit ab.