Jenseits von Banken, Bonzen, Biederkeit: Ein Besuch im hippen Untergrund unserer heimlichen Hauptstadt.
Zugegeben: Zürich hat ein klitzekleines Imageproblem – belegt die Zwinglistadt mit Spitznamen «Zureich» doch den zweifelhaften ersten Platz im Ranking der teuersten Weltmetropolen. Abseits aller Klischees von Banken, Bonzen und Bahnhofstrasse zeigt unsere heimliche Hauptstadt aber ein anderes Gesicht: schrill, schräg, schampar szenig.
Um erfolgreich in den diskreten Charme des urbanen Undergrounds einzutauchen, empfiehlt sich zumindest ein Blick auf die Portale «Züritipp» oder «Ronorp», noch besser aber: ein lokaler «Chreis-Cheib»-Guide, der als Türöffner zu Zürichs Feier-Community fungiert. Den gabelt man am einfachsten in einer der berühmt-berüchtigten Langstrassen-Bars auf, wo er (erkennbar an Vintage-Hut, Designerschal und flippiger Fensterglasbrille) am Tresen vom «Mata Hari» (Langstrasse 237) oder an der Wasserpfeife im «Maison Blunt» (Gasometerstrasse 5) hängt und gegen einige Gläser Turbinenbräu gerne Geheimtipps weitergibt – zum Beispiel, wer heut Nacht im intimen Rahmen des «La Catrina» (Kurzgasse 4), «Bagatelle» (Langstrasse 93) oder «Dini Mueter» (Langstrasse 10) spielt.
In vollem Gang
Nach dem Wohnzimmerkonzert kurz auf einen Absacker ins kultverdächtige «Long Street», das reicht. Denn wenige Stunden später ist der Kampf um die besten Secondhand-Schnäppchen auf dem Kanzlei-Flohmi bereits in vollem Gange. Dafür darf man danach beim späten Frühstück im «Café Casablanca» (Langstrasse 62) oder beim Brunch auf der Bäckeranlage den «Retro Chic» spazieren führen. Langschläfer decken sich heimlich im «American Apparel» (Josefstrasse 74) mit Accessoires ein (zahlen dafür aber das Zigfache).
Zum guten Ton gehört auch ein Abstecher ins Vinylmekka von «Zero Zero» (Bäckerstrasse 54), ins «Jamarico» (Stauffacherstrasse 95) oder ins «Panthera» (Johannesgasse 6). Die Fundstücke unbedingt gut sichtbar auf sich tragen: Es gibt keinen besseren Eisbrecher – ausser man besucht dieses Wochenende gleich die «Zurich Edition» des Depot Basel, wo sich die «Kreativen» beider Städte in der «Wäscherei» zu «Fun & Mischief» treffen. Junge Kunst gibts übrigens gleich um die Ecke günstig bei «Starkart» (Brauerstrasse 126).
Die goldene Katzenfrau öffnet die Tür zum «Cabaret» – auch zur Loftparty? (Bild: Tara Hill)
Unfassbar lang
Spätestens jetzt braucht man ein «Bödeli», denn Zürcher Partynächte dauern auch für den geübten Basler Nachtschwärmer unfassbar lang – der Legende nach bis weit in die nächste Woche. Wer zuvor noch eine Auszeit benötigt, legt sich kurz hin oder besucht das heimelige «Riff Raff» für Nachtessen und Nocturne. Wer schon in Warm-up-Stimmung ist, isst im «Dani H.» (Müllerstrasse 51), wo DJs das Dinner musikalisch untermalen. Dann rasch ab an die Dienerstrasse, bevor die Schlange vor Zürichs Clubinstitution «Zukunft» wieder bis zum 24-Stunden-Betrieb «Happy Beck» wuchert.
Erst in den Morgenstunden empfiehlt sich dann ein Wechsel zur weltbekannten und drum von hungrigen Partyhorden heimgesuchten Vergnügungsmeile «Züri-West». Kein Stress: Bei After-Hours wie der «Flügstund» (Pfingstweide) oder «Inteam» (Hive) lässt sich getrost noch der ganze Tag zur Nacht machen. Wer Glück hat, ergattert an der Geroldstrasse gar den begehrten Schlüsselanhänger, der Zutritt zum Privatclub «Cabaret» verschafft – und gabelt da einen «Cheib» auf, der im kleinen Chreis zur aparten After-After-Hour in loftiger Höhe lädt.
- Ausgeben: Ein Shopping-Verzeichnis gibts auf www.kreislauf4und5.ch
- Ausschlafen: Die «Chreis Cheib»-Devise «Montag ist Schontag» gilt auch für Gäste. Lösung: «Late-Check-out»
- Ausspannen: Das «Greulich» ist Hotel und Oase zugleich. Montags ausnutzen!
Quellen
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 17.02.12