Der Bardarbunga ist aktiv auf Island. Die TagesWoche auch. Während die Welt bang auf den Ausbruch des Bardarbunga starrt, besuchen wir das Filmfestival in Reykjavik.
Bardarbunga
Island hat 300’000 Einwohner und will 6 Spielfilme pro Jahr machen. Ist das nicht viel? Basel kriegt mit fast so vielen Einwohnern höchstens mal einen alle drei Jahre hin. Wie schaffen das die Isländer? Was sind die Geheimnisse des Inselstaates?
Bereits im Flugzeug nach Reykjavik fallen echte Isländer auf: Sie genehmigen sich noch einen. Die Schlagzeile des isländischen Zeitungslesers auf dem Nebenplatz weckt erste Zweifel an der Richtigkeit dieser Reise: Barbardunga…. Ich bestelle auch einen Drink. Wie hiess er noch genau? Mein Sitznachbar spricht den Vulkan perfekt aus. Oder meinte er eine Bar? Dann meint er, für Bunga Bunga sei ich definitiv zu warm angezogen.
Die Sitznachbarin hinter mir erinnert mich daran, dass ein Ausbruch, wie er 1783-84 stattgefunden hat, Europa für Jahre unter eine Schwefeldioxyd-Wolke begraben könnte. Damals sei der Grímsvötn (was für ein Name!) gleichzeitig mit den Laki explodiert – mit Folgen für ganz Europa. Drei Jahre Atemnot. Drei Missernten in Folge, die dann auch zur französischen Revolution führten. Kein Wunder blickt man im krisengeschüttelten Europa bang nach Island.
Kältewelle statt Vulkanhitze
Mein Nachbar beruhigt mich. Auch Vulkane werden nicht so heiss gegessen, wie sie gekocht werden. Es gibt auf der Wetterseite in Island auch die Vulkanvorhersage: Ich dürfe erst einmal auf eine Kältewelle und mondlose Nächte im Schein glühender Flüsse hoffen. Nach einem weiteren Drink beginne ich – im Landeanflug – über die Bildung des Holuhrauns unter dem Gletscher nachzudenken. Die geneigte Leserschaft mag nun denken, den Drink hätte er lieber mal gelassen. Dann wäre ihm der Rechtschreibefehler nicht unterlaufen. Aber, während das Flugzeug sich neigt, sei der geneigten Leserschaft verraten: Holuhraun ist ein Lavafeld im isländischen Hochland nördlich des Vatnajökull.
Es ist durch Spalteneruptionen entstanden. 1880 nannte man das Lavafeld Kvislarhraun. Ich persönlich ziehe zum Aussprechen Holuhraun vor. Nach noch einem weiteren Drink kann ich bereits fliessend isländisch. Der Einfluss des Heyaföyajötukülls auf den Holuhraun ist also ungefähr: Núll. So schwer ist isländisch gar nicht. Núll wird ein wenig spitz ausgesprochen.
Übrigens: Holuhraun gehört zum unterirdischen System der Bárðarbunga. Es ist nicht riesig. Es ist wahnsinnig riesig! Mir wird langsam klar, warum man von den Isländern sagt, sie leben jeden Tag als sei es der letzte. Auf denn. Die erlebnishungrigen Berner in der Reihe vor mir lassen sich jetzt erst recht nicht runterziehen. Wir landen.
Draussen regnet es. Keine Asche, aber dafür horizontal. Das Filmfestival findet in den Kinos der Stadt statt. Das macht Gänge durch den Regen erforderlich. Ich kann meinen Knirps als Piratenfahne nutzen.
Vonarstraeti eben noch in Zürich – wieder in Reykjavik (Bild: Betschart)
Morgen stehen die ersten Filme an. Das Reykjavik Film Festival hat schon viele bekannte Filme präsentiert: «Reykjavik», «Of Horses and Men» und «Vonarstræti». Ich bin gespannt. Vor dem Einschlafen erfahre ich noch, dass sich im Norden von Island einiges tut: Die Spalteneruption am nördlichen Ende einer Magma-Intrusion bewegt sich dem von der Bárðarbunga aus nach Norden. Zum Glück bin ich im Süden!