Elle s’en va – Cathérine Deneuve ist dann mal weg

Eine starke Filmindustrie, wie jene Frankreichs, kann ihren grossen Schauspielerinnen solche Filme bieten: Eine Paraderolle für Catherine Deneuve, die Grande Dame. Sie schüttelt diesen Ausstieg einer Frau mit ihrer reichen Schauspielerinnenerfahrung aus dem Ärmel. Bettie ist dann mal weg. Eben noch hat sie im Restaurant ihrer Mutter Bestellungen entgegengenommen. Da erfährt sie, dass ihr Geliebter […]

Ein unerwartetes Fumoir für C.Deneuve

Eine starke Filmindustrie, wie jene Frankreichs, kann ihren grossen Schauspielerinnen solche Filme bieten: Eine Paraderolle für Catherine Deneuve, die Grande Dame. Sie schüttelt diesen Ausstieg einer Frau mit ihrer reichen Schauspielerinnenerfahrung aus dem Ärmel.

Bettie ist dann mal weg. Eben noch hat sie im Restaurant ihrer Mutter Bestellungen entgegengenommen. Da erfährt sie, dass ihr Geliebter seine Frau für eine Fünfundzwanzigjährige verlässt. Sie weiss, was das heisst: Sie verliert ihren Liebhaber. Da  fährt die Sechzigjährige, anstatt aus der Haut, erst einmal – Zigaretten kaufen.

Doch im Leben dieser Frau hat sich mehr Trauer angesammelt, als mit einer Zigarette wegzurauchen wäre. Sie merkt, dass sie weg muss. Aber wohin? Als wäre alles Zufall, fährt sie, zu ihrer Tochter, zu ihrem Enkel und schliesslich immer weiter in ihre Vergangenheit hinein, mitten in ihre Jugenderinnerungen – zu sich selbst. Dort trifft sie ihre eigene verwegene Schönheit. Als Teilnehmerin an einem Veteraninnentreffen des Missen-Wettbewerbs.

Ein starkes Drehbuch auf den Leib geschrieben

Eine starke Filmindustrie, wie jene Frankreichs, kann ihren grossen Schauspielerinnen solche Filme bieten: Eine Paraderolle für Catherine Deneuve, die Grande Dame. Sie schüttelt diesen Ausstieg einer Frau mit ihrer reichen Schauspielerinnenerfahrung so aus dem Ärmel: Die allereinfachsten Dinge macht sie zu einem Prüfstein für unseren Realitätssinn:

Sehen wir die Deneuve? Oder eine einfache Frau, die sie spielt? Spätestens, wenn Bettie, nach der sonntäglichen Raserei über die Dörfer, bei einem alten Mann auf die Zigarette wartet, die er für sie mit klammen Fingern dreht, darf man verstehen was die Kunst hier kann: Uns in ihre Wirklichkeit versetzen.

Bettie sitzt ebenso wunderbar verloren vor den streitenden Krebsen im Aquarium, wie sie düpiert im Bett neben dem Mann erwacht, der mit ihr gestern im Suff auf den Mond fliegen wollte. Bettie macht eine stellvertretende Reise in die Möglichkeiten einer Frau, die sie als junge Frau nie hatte nutzen dürfen, und die ihr heute offen stehen würden. Ist es dafür zu spät? Hat sie denn mehr als ein kleines Leben geführt, in ihrem kleinen Restaurant, in ihren eigenen kleinen Lebenslügen.

Bettie findet sich in der Vergangenheit

Bettie findet aber in der Vergangenheit nicht nur ihre Trauer: Mit ihrem Enkel entdeckt sie auch einen Freund, und alte Vertraute aus früheren Zeiten: Frechheit, Hoffnung, Sturheit und eine unbändige Lebenslust. Bettie vertritt in «Elle s’en va» eine ganze Generation von Frauen, denen – etwas unerwartet – plötzlich ein zusätzliches Leben in ihrem Leben offen steht, weil sie älter werden, weil die Rolle der Mutter heute eine andere ist, weil diese Generation von Frauen ganz einfach erfolgreich dafür gekämpft haben.

Bettie verbringt, noch lange nicht am Ende ihrer Tage, Tage, die sie noch einmal ganz von vorne beginnen lassen. Das ist ein erfrischendes Roadmovie einer Schauspielerin, die Szene um Szene vergessen lässt, dass wir es mit der Grande Dame des französischen Films zu tun haben, ohne dabei die Damenhaftigkeit ihrer Figur zu opfern. Demanuelle Bercot hat ihr dieses Drehbuch auf den Leib geschrieben.

 

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