Für die Chefin des EMS-Industriegruppe Magdalena Martullo ist der Entscheid des Bundesrates zum Ausstieg aus der Atomenergie ein Schnellschuss. Ein massiver Preisanstieg beim Strom würde die Industrie vor schwere Probleme stellen, fürchtet sie.
„Wenn sich die Stromkosten verdoppeln, wie dies der Bundesrat in seinem Konzept im günstigsten Fall vorgesehen hat, können wir an unserem Bündner Standort Domat/Ems und viele andere Betriebe international nicht mehr konkurrenzfähig produzieren“, sagte die Chefin des Herstellers von Hochleistungskunststoffen und Spezialchemie im Gespräch mit der „Sonntagszeitung“.
Die Tochter von SVP-Nationalrat Christoph Blocher wirft dem Bundesrat, der nach dem Atomdesaster im japanischen Fukushima vor knapp einem Jahr den Schweizer Ausstieg aus der Nuklearenergie beschloss, Fehlinformation vor. Die Landesregierung versorge Politiker „mit nur sehr oberflächlichen Informationen“.
Schweizer Politikern ist nach Ansicht von Martullo die wirtschaftliche Bedeutung der Energiepolitik zu wenig bewusst. In den Schwellenländern sei dieser Punkt aber zentral.
Konzept fehlt
Zudem vermisst die Unternehmenschefin ein stringentes Konzept für die Zukunft. Der Bundesrat habe entschieden, auf jene 40 Prozent des Stroms zu verzichten, der von den Kernkraftwerken stamme, aber nicht aufgezeigt, wie die entstehende Lücke zu schliessen sei.
Martullo will weiterhin den Standpunkt der Unternehmen in der Öffentlichkeit vertreten, wie sie im Interview sagte. Die Frage, ob sie wie ihr Vater in die Politik gehen wolle, beantwortete sie nicht eindeutig: „Vorderhand versuche ich die Sicht der Industrie von aussen einzubringen.“