Zehntausende Überlebende des Taifuns haben eine Woche nach der tödlichen Naturkatastrophe am Freitag erstmals Lebensmittelpakete und Trinkwasser bekommen. Die Luftbrücke mit amerikanischen Helikoptern hat die Not der erschöpften Menschen etwas gelindert.
Vom US-Flugzeugträger «USS George Washington» aus starteten pausenlos Helikopter mit Hilfsgütern für die Fischerstadt Guiuan auf der Insel Samar. Nach Angaben der US-Marine sind insgesamt acht US-Schiffe an der Hilfsaktion beteiligt. Die «USS George Washington» hat 5000 Marinesoldaten an Bord.
Zusätzliche 1000 Marines werden kommende Woche in den Katastrophengebieten erwartet. Sie gehören zu den zwei in Südjapan stationierten Landungsschiffen «USS Germantown» und «USS Ashland», die unter anderem mobile Trinkwassertanks, Generatoren sowie Räumgerät wie Bagger und Lastwagen an Bord haben.
Japan kündigte am Freitag die Verdreifachung seiner Nothilfe auf mehr als 30 Millionen Dollar an. Tokio will ausserdem bis zu tausend Soldaten in das Notgebiet entsenden – der grösste derartige Einsatz des Landes seit dem Zweiten Weltkrieg.
Immer mehr Hilfsorganisationen erreichen jetzt auch die anderen Teile des Katastrophengebiets. «Ärzte ohne Grenzen» sei mit 91 Mitarbeitern auch auf den Inseln Cebu, Samar, Panay und Bantayan im Einsatz, teilte die Organisation in Berlin mit.
Die Helfer des Schweizer Korps für humanitäre Hilfe (SKH) verteilen bereits seit Mittwoch auf der Insel Cebu Lebensmittel. Das SKH konzentriert sich auf das Bereitstellen von sanitären Einrichtungen und die Verteilung von Lebensmitteln und Zeltmaterial.
Jeden Tag läuft es besser
Der philippinische Innenminister Mar Roxas räumte ein, dass noch vieles zu langsam vorankomme. «Jeden Tag läuft es besser als am Vortag. Es kann nie schnell genug gehen in einer Situation wie dieser, wo so viele Menschen betroffen sind und so viel Infrastruktur beschädigt ist», sagte er in Tacloban.
Dort, wo die Helikopter am Freitag riesige Care-Pakete absetzten, liefern innerhalb von Minuten riesige Menschentrauben zusammen. Im völlig zerstörten Tacloban mit einer Bevölkerung von mehr als 200’000 Einwohnern standen die Menschen stundenlang Schlange, um ein paar Flaschen Trinkwasser zu ergattern.
«Den Taifun haben wir überlebt, aber am Hunger sterben wir vielleicht», meinte die fünffache Mutter Lolita Kimanliman, die bei dem Taifun im Sportstadion Astrodome Zuflucht gesucht hatte. Ihr Mann war ertrunken.
Opferzahl noch immer unklar
Unklarheit herrschte am Freitag weiterhin über die Zahl der Todesopfer. Die Vereinten Nationen sprachen von mindestens 4460 Toten. Das UNO-Büro für die Koordinierung der Hilfseinsätze (OCHA) berief sich dabei auf Angaben von regionalen Einsatzkräften des philippinischen Katastrophenschutzes vom Mittwoch.
Der Sprecher des Katastrophenschutzes, Reynaldo Balido, sagte jedoch, die Zahl der Toten habe sich von bisher 2360 auf 3621 erhöht. 1140 Menschen gälten als vermisst. Anfangs hatte die philippinische Regierung die Zahl der Todesopfer durch den Wirbelsturm noch auf 10’000 geschätzt.
Schwierig ist oft auch die Identifizierung der Toten. Häufig kamen ganze Familien ums Leben kamen, sodass keine Angehörigen für die Identifizierung zur Verfügung stehen. In der besonders stark getroffenen Stadt Tacloban auf Leyte lagen unter der tropischen Sonne immer noch Leichen auf den Strassen.
Verwesungsgeruch lag in der Luft, leidgeprüfte Überlebende und Helfer hielten sich Tücher vor den Mund. Behördenvertreter sagten, es fehle immer noch an Leichensäcken. Seuchengefahr geht nach Angaben von Medizinern von den Leichen aber nicht aus.