Die Energiestrategie 2050 steht im Zentrum der Wintersession der eidgenössischen Räte, die am 24. November beginnt. An insgesamt fünf Sitzungstagen will der Nationalrat über das erste Massnahmenpaket beraten. Gegen die Vorlage gibt es allerdings grundsätzlichen Widerstand.
Sollte der Nichteintretens- oder einer der Rückweisungsanträge angenommen werden, dürfte die Debatte sehr viel kürzer ausfallen. Die SVP möchte gar keine Energiereform. Sollte diese nicht zu verhindern sein, will sie zusammen mit FDP-Vertretern durchsetzen, dass die Energiestrategie nicht in Etappen, sondern als Gesamtpaket vorgelegt wird.
Finden diese Anträge keine Mehrheit, wird der Nationalrat in der zweiten Sessionswoche über einen breit gefächerten Strauss von Massnahmen beraten. Diese reichen von den Modalitäten der Abschaltung von Atomkraftwerken über die Förderung erneuerbarer Energien bis zur energetischen Sanierung von Gebäuden.
Zähne gezogen
Die vorberatende Kommission möchte der Vorlage des Bundesrats dabei einige Zähne ziehen. Im Rahmen der Beratung muss der Rat auch eine Abstimmungsempfehlung zur Atomausstiegsinitiative der Grünen abgeben, zu welcher das erste Massnahmenpaket der Energiestrategie einen indirekten Gegenvorschlag darstellen soll.
Ein direkter Gegenvorschlag ohne Definition der Ehe soll der CVP-Initiative zur Abschaffung der Heiratsstrafe gegenübergestellt werden. Gar kein Gegenvorschlag ist hingegen zur Erbschaftssteuer-Initiative vorgesehen, über die der Nationalrat zu Beginn der dritten Sessionswoche berät.
Das Nachrichtendienstgesetz bildet einen weiteren Schwerpunkt, zu reden geben werden vor allem die neuen Überwachungsmöglichkeiten: Der Nachrichtendienst soll Telefone abhören, Computer anzapfen und private Räume verwanzen dürfen – Massnahmen, die das Parlament vor nicht allzu langer Zeit noch abgelehnt hat. Der Ständerat seinerseits entscheidet über einen Kredit über 99 Millionen Franken für den Ausbau polizeilicher Überwachungsanlagen.
Ausnahmen bei Ausschaffungen
Als Zweitrat beugt sich die kleine Kammer gegen Ende der Wintersession über die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative. Während sich der Nationalrat an der Durchsetzungsinitiative orientiert und einen Ausschaffungs-Automatismus beschlossen hat, will die Ständeratskommission Ausnahmen in Härtefällen zulassen.
Das Plenum muss auch eine Empfehlung zur Durchsetzungsinitiative abgeben. Diese soll teilweise für ungültig erklärt werden.
Mit der Initiative Grüne Wirtschaft und dem indirekten Gegenvorschlag hat auch der Ständerat eine Umweltvorlage auf dem Programm. Während die Grünen mit der Initiative eine drastische Reduktion von Ressourcen- und Energieverbrauch durchsetzen wollen, möchte die Umweltkommission lediglich griffigere Vorschriften für Handel oder Recycling einführen.
Auf der Traktandenliste der kleinen Kammer stehen weiter die Verlängerung der Kyoto-Verpflichtungen sowie die Modalitäten des Finanzausgleichs ab 2016. Umstritten ist, ob Bund und Geberkantone entlastet werden sollen. Weil die Beratungen in den Kommissionen noch nicht abgeschlossen sind, ist unsicher, ob der Ständerat auch den Kindesunterhalt und das revidierten Heilmittelgesetz beraten kann.
Einige Traktanden werden beide Kammern beschäftigen. Dazu gehört wie üblich in der Wintersession das Budget für das nächste Jahr. Der Bundesrat will damit Einsparungen von 700 Millionen Franken realisieren. Die Nationalratskommission beantragt zudem, weniger Geld für die Entwicklungshilfe auszugeben, dafür grosszügiger mit der Landwirtschaft zu sein.
Präsidien in SP-Hand
Das dringliche Gesetz für ein IS-Verbot und ein allfälliger Armeeeinsatz in den Ebola-Gebieten Afrikas müssten ebenfalls von beiden Kammern abgesegnet werden. Und schliesslich bestellt die Bundesversammlung das Bundespräsidium neu. Turnusgemäss ist die Reihe nächstes Jahr an Justizministerin Simonetta Sommaruga.
Der Zufall will es, dass auch National- und Ständeratspräsidium von Sozialdemokraten besetzt werden dürften: Designiert sind der Walliser Nationalrat Stéphane Rossini sowie der Jurassier Claude Hêche. Die Wahl für die Ratspräsidien finden am ersten Tag der Session statt, die Wahl für das Bundespräsidium am Mittwoch der zweiten Woche.
Sowohl im National- als auch im Ständerat sind ausserdem mehrere Differenzbereinigungsverfahren über wichtige Vorlagen im Gang. Dazu gehören die Umsetzung der GAFI-Empfehlungen, die Änderungen des Sanktionenrechts, der Gegenvorschlag zur Stipendieninitiative, Konsumentenschutz bei Telefon- oder Online-Handel oder die Präimplantationsdiagnostik.
Die Wintersession dauert vom 24. November bis zum 12. Dezember. Je nach Ausgang der Abstimmungen vom 30. November ist auch abseits der Ratsdebatten für Gesprächsstoff in Bundesbern gesorgt.