Entwicklungshilfe kann Zuwanderung nicht verhindern

Wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit kann die Migration nicht bremsen. Im Gegenteil: Wirtschaftlicher Aufschwung im Herkunftsland schafft unter Umständen erst die Voraussetzungen für die Auswanderung.

Logo der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Symbolbild) (Bild: sda)

Wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit kann die Migration nicht bremsen. Im Gegenteil: Wirtschaftlicher Aufschwung im Herkunftsland schafft unter Umständen erst die Voraussetzungen für die Auswanderung.

Zu diesem Ergebnis kommt eine am Donnerstag veröffentlichte Untersuchung der Denkfabrik foraus. Sie hat das Thema aufgegriffen, „weil es vielen Politikerinnen und Politikern offenbar geradezu als Binsenwahrheit erscheint, dass Zuwanderung abnimmt, wenn in einem Herkunftsstaat ein wirtschaftlicher Aufschwung stattfindet“, wie die Autoren im Diskussionspapier schreiben.

Ursache und Wirkung

Dabei könne die Wissenschaft keinen solchen Zusammenhang nachweisen. Studien deuteten vielmehr auf das Gegenteil hin: Einkommenswachstum ermögliche überhaupt erst die Finanzierung der Migration. Das würde bedeuten, dass Entwicklungszusammenarbeit eine der Ursachen für die Migration ist.

Behörden und Parteien würden diesem Zusammenhang zu wenig Rechnung tragen, heisst es in der Studie. Derzeit zähle in der Schweizer Migrationspolitik die nachweisbare Wirkung von Massnahmen jedoch kaum.

Weil wirtschaftliche Entwicklung mehr Menschen die Möglichkeit zur Auswanderung gibt, bezeichnen die Studien-Autoren die Ausrichtung der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit als „nicht wirksam“. Die Entwicklungszusammenarbeit riskiere sogar, ihr eigentliches Ziel, die Armutsreduktion, zu verfehlen.

Unnütze Repression

Auch der Repression als Mittel gegen die Zuwanderung stellt die Studie kein gutes Zeugnis aus. Einerseits können sich Migrantinnen und Migranten der Repression entziehen, was die hohe Zahl illegaler Einwanderungen und Sans Papiers belegt.

Andererseits sind die Vorteile der Migration für den Einzelnen so gross, dass diese gemäss Studie trotz Repression attraktiv bleibt. Dies gilt umso mehr, als unter Umständen auch die Herkunftsstaaten Interesse an der Auswanderung haben.

Der Bund hat 2011 rund zwei Milliarden Franken für Entwicklungszusammenarbeit ausgegeben, den grössten Teil davon über die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), die dem Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) angegliedert ist.

Dieses betont in einer schriftlichen Stellungnahme, dass das primäre Ziel der Entwicklungszusammenarbeit die Minderung der Armut vor Ort sei und nicht die Verhinderung von Migration. „Entwicklungszusammenarbeit kann Migrationsströme nicht steuern“, schreibt das EDA.

Die Ausrichtung der Entwicklungszusammenarbeit des Bundes auf die Armutsminderung stehe im Übrigen im Einklang mit der Forderung des foraus-Diskussionspapiers. Dieses schliesst mit der Empfehlung, den Fokus der Debatte über Migration weg von Massnahmen zur Verhinderung der Migration hin zur Gestaltung einer möglichst „problemfreien“ und „gewinnbringenden“ Migration zu verschieben.

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