Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel bleibt trotz der Forderung Ankaras nach mehr Unterstützung bei ihrer Zurückhaltung gegenüber einer raschen EU-Vollmitgliedschaft der Türkei.
Die Regierungskoalition aus CDU/CSU und der sozialdemokratischen SPD sehe die Beitrittsverhandlungen als einen «ergebnisoffenen Prozess», sagte Merkel am Dienstag nach einem Treffen mit dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan in Berlin.
Deutschland sei dafür, dass das Verhandlungspaket zur Regionalpolitik intensiv behandelt werde. Es sei zudem vorstellbar, dass die Rechtskapitel bald geöffnet werden können. Merkels christdemokratische CDU steht einer vollen Mitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union seit langem skeptisch gegenüber.
Zuletzt war die türkische Regierung im Zusammenhang mit einer Korruptionsaffäre regierungsnaher Kreise gegen Polizei und Justiz vorgegangen. Zudem gibt es Vorwürfe, die Regierung schränke die Medienfreiheit ein und wolle Zensur im Internet erleichtern.
Erdogan fordert Unterstützung Deutschlands
Zuvor hatte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan das Interesse seines Landes an einem EU-Beitritt unterstrichen. Er forderte dabei eine stärkere Unterstützung der deutschen Regierung ein.
«Wir wünschen, dass sich Deutschland noch mehr einsetzt als bisher», sagte Erdogan am Dienstag in Berlin in einer Rede vor der «Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik».
Nicht nur die Türkei brauche die EU, sondern auch die EU die Türkei, sagte er unter Hinweis auf die Krisen im Nahen Osten und Nordafrika. Zugleich bekannte er sich zur Fortsetzung von Reformen im Rahmen der Beitrittsverhandlungen.
Auf wirtschaftliche Probleme und die Abwertung der türkischen Lira angesprochen verwies Erdogan darauf, dass die wirtschaftliche Dynamik des Landes mit fast 77 Millionen Einwohnern ungebrochen sei. Die Türkei habe auch im vierten Quartal 2013 ein Wirtschaftswachstum von 3,8 Prozent gehabt. Damit gehöre sie weiter zu den am stärksten wachsenden Ländern in der Welt.