Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat im Streit um das Bauprojekt im Gezi-Park vorgeschlagen, die Bevölkerung entscheiden zu lassen. Erdogan hatte sich zuvor mit Künstlern, Wissenschaftlern und Publizisten in Ankara getroffen
Die Idee eines Referendums sei das «konkrete Ergebnis» dieses Treffens, sagte der Sprecher der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP, Hüseyin Celik, am Mittwoch vor Fernsehkameras.
Die Bevölkerung von Istanbul oder aber des Stadtteils Beyoglu könne dann entscheiden, ob der Park bestehen bleiben solle oder der geplante Nachbau einer osmanischen Kaserne errichtet werde. Zugleich forderte Celik die Demonstranten auf, den Park umgehend zu verlassen. Andernfalls sei die Polizei gezwungen, erneut gegen sie vorzugehen.
Im Gezi-Park harrten zuletzt einige hundert Menschen in Zelten aus. An den Bebauungsplänen hatten sich die landesweiten Proteste vor knapp zwei Wochen entzündet. Innerhalb kurzer Zeit wuchsen sie sich zu einer Demonstrationswelle der Unzufriedenheit über die Politik von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan aus.
In der Nacht auf Mittwoch hatten sich Polizei und Demonstranten die schwersten Auseinandersetzungen seit Beginn der Proteste gegen die konservative Regierung geliefert. Mehr als 18 Stunden lang ging die Polizei in Istanbul mit Tränengas und Wasserwerfern gegen Tausende Demonstranten vor, aus deren Reihen Steine, Feuerwerkskörper und Brandsätze geworfen wurden.
Es gab Dutzende Verletzte. Seit Beginn der Proteste kamen nach offiziellen Angaben drei Menschen ums Leben. Präsident Abdullah Gül rief zum Dialog auf. Er betonte aber, Gewalt werde nicht geduldet.
Kritik an Erdogan
Der türkische Ministerpräsident wurde besonders aus dem Ausland gegen sein hartes Vorgehen gegen die Demonstranten kritisiert. Er verteidigte den massiven Polizeieinsatz mehrfach und sieht die Türkei als Opfer von Angriffen aus dem In- und Ausland. Internationalen Medien warf er vor, Unruhe schaffen zu wollen, um die Wirtschaft des einzigen muslimischen Nato-Mitglieds zu untergraben.
Geldstrafe für regierungskritische Sender
Die türkische Rundfunkbehörde RTÜK geht einem Zeitungsbericht zufolge nun gegen regierungskritische Sender vor. Halk TV, Ulusal TV und zwei weitere Fernsehsender müssten eine Geldstrafe zahlen, berichtete die türkische Tageszeitung «Hürriyet» am Mittwoch in ihrer Onlineausgabe. Ihnen werde vorgeworfen, mit ihren Programmen die geistige und moralische Entwicklung junger Menschen zu gefährden. Halk TV ist einer von wenigen Sendern, die durchgehend über die Proteste in der Türkei berichten.