Deutsche Politiker und Angehörige der Opfer haben am Mittwoch des Brandanschlags in der westdeutschen Stadt Solingen vor 20 Jahren gedacht. Die Integrationsbeauftragte der deutschen Regierung bezeichnete die Tat als «feiges und hinterhältiges Verbrechen».
Es sei ein Anschlag auf das Leben unschuldiger Menschen gewesen, aber auch auf «Freiheit und Demokratie in unserem Land», sagte Maria Böhmer.
In Solingen (Nordrhein-Westfalen) waren am 29. Mai 1993 bei einem fremdenfeindlichen Brandanschlag auf das Haus einer türkischen Familie fünf Menschen ums Leben gekommen. Die Täter wurden vor Gericht gebracht, haben aber ihre Freiheitsstrafen inzwischen verbüsst.
Böhmer forderte Politik und Gesellschaft auf, sich Tag für Tag für «ein von Respekt und Wertschätzung getragenes Miteinander aller Menschen» einzusetzen. «In Deutschland ist kein Platz für Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Hass und Gewalt», erklärte die Integrationsbeauftragte.
Angehörige ruft zu Versöhnung auf
Es werde ein «gesellschaftlicher Klimawandel hin zu einer überzeugenden Anerkennungs- und Willkommenskultur» gebraucht. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, die Tat habe die Gesellschaft spalten sollen und das Gegenteil erreicht: «Die Gesellschaft ist enger zusammengerückt».
Mevlüde Genç, die bei dem Anschlag zwei Töchter, zwei Enkelinnen und eine Nichte verloren hatte, rief erneut zu einem friedlichen Miteinander auf. «Wir sind Menschen und müssen einander respektieren und wertschätzen», sagte sie.
Sie habe ihr Wertvollstes verloren, aber «trotzdem nicht mit Hass reagiert, sondern mit Liebe und Respekt». Mevlüde Genç lebt noch immer in Solingen. «Ich habe immer hier gelebt, es ist meine Heimat», sagte die 70-Jährige.
Schatten der NSU-Verbrechen
Die Integrationsbeauftragte Böhmer gestand ein, dass die Anstrengungen gegen eine Wiederholung rechtsradikaler Mordtaten nicht ausreichend gewesen seien.
Den Terroristen des rechtsextremen Netzwerkes NSU sei es gelungen, über Jahre unerkannt kaltblütig Menschen zu ermorden. «Das Vertrauen in unseren Rechtsstaat ist dadurch schwer beschädigt, wir müssen alles daran setzen, es wiederherzustellen», sagte Böhmer.
Die Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) wird für die Morde an neun türkisch- und griechischstämmigen Einwanderern und einer deutschen Polizistin zwischen 2000 und 2007 sowie für zwei Bombenanschläge und zahlreiche Raubüberfälle verantwortlich gemacht. Die mutmassliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe und vier mutmassliche Unterstützer stehen seit dem 6. Mai in München vor Gericht.