68 Millionen Franken kostet eine 1,2 Kilometer lange Tramlinie ins Erlenmatt-Quartier. Der Ausbau des Tramnetzes sei eine teure Angelegenheit, lohne sich aber, da die Umweltverträglichkeit, Wohnqualität und Verkehrsanbindung verbessert werden würden, schreibt der Basler SP-Fraktionschef Stephan Luethi-Brüderli in seinem Gastkommentar.
Der Name des Tramausbau-Projekts «Erlenmatt» führt einerseits in die richtige Richtung: Ja, diese ersten 1,2 Schienenkilometer führen in nordwestlicher Richtung zum Neubauquartier auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs der Deutschen Bundesbahn.
Andererseits jedoch sagt der Name «Erlenmatt» nichts darüber, dass mit diesem Vorhaben gleichzeitig ein erster Schritt auf dem Weg zum generellen Ausbauvorhaben «Tramnetz 2020» gemacht werden soll. So betrachtet, ist dieses erste, relativ kleine Stück Voraussetzung für das Gelingen des Ganzen.
Umfangreiches Vorhaben zum Tramausbau
Bezogen auf das Kleinbasel ist, ausgehend vom Gebiet Badischer Bahnhof, eine künftige Linienführung nach dem Industriegebiet Novartis/Volta – Bahnhof St. Johann einerseits und zum im Bau befindlichen Schwerpunkt «Hochhaus der Roche» andererseits, angedacht. An der Ecke des Musical Theaters wäre zudem die Verknüpfung mit dem künftigen, wiederhergestellten Tramast – das Tram Nummer 2, herausgerissen 1967, lässt grüssen (siehe Box unten) – durch die Achse Feldbergstrasse – Johanniterbrücke – Kantonsspital/Uni zum Bahnhof SBB vorgesehen. Alles Vorhaben, die eine Investition in die umweltfreundliche, weil CO2-freie Tramzukunft darstellen.
Die Luftqualität und damit die Wohnlichkeit wollen wir nicht durch zusätzliche Abgasquellen belasten.
Im innerstädtischen Bereich sind nämlich, nach umweltfreundlichen Kriterien, keine weiteren Busse (in Basel wird erneut auf Dieselmotoren gesetzt) erwünscht. Die Luftqualität und damit die Wohnlichkeit wollen wir nicht durch zusätzliche Abgasquellen belasten.
Auch hat die städtische Stimmbevölkerung mit der Annahme der Städte-Initiative klar zum Ausdruck gebracht, dass eine Reduktion der Motorfahrzeuge, zugunsten von Fuss-, Velo und Tramverkehr, angesagt ist.
Moderne Tramzüge sind komfortabler als motorisierte Alternativen
Im weiteren sind die Tramzüge heutiger Herstellungsart bezüglich Einstiegkomfort, Laufruhe und Beförderungskapazität den durch Verbrennungsmotoren betriebenen Strassenfahrzeugen überlegen. Wollen wir diese hiermit beschriebene Entwicklung des öffentlichen Verkehrs unterstützen, ist ein klares JA am 18. Mai erforderlich. Die Gegner wenden ein: die Kosten! Ja, was kostet denn diese erste Tranche nun wirklich? Vom Gesamtbetrag von 65,5 Mio fallen 17,7 Mio für den Strassenbau an.
Da innerstädtische neue Tramgeleise nicht auf unberührtes Gelände, auf Wiesen gar, gelegt werden können, muss der Strassenraum, nicht zuletzt im Interesse des Auto- aber auch des Fuss- und Veloverkehrs, angepasst werden. Im vorliegenden Fall kommen noch weitere 14,6 Mio hinzu, die der Tatsache geschuldet sind, dass unter der Schwarzwaldallee die Autobahn in einem Tunnel verläuft. Damit dieser Autotunnel von der neuen Tramlinie überhaupt überquert werden kann, erwächst dem Tramprojekt hier eine zusätzliche finanzielle Belastung, für die der ÖV «nichts kann», um es mal salopp auszudrücken.
Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes Badischer Bahnhof
Schliesslich wird der ganze Vorplatz des Badischen Bahnhofs in einer Weise umgestaltet, dass künftige Ankommende gerne über das deutsche Eisenbahnportal in die Stadt eintreten werden. Auch das erfordert nochmals rund 6 Mio Franken. Für den eigentlichen Tramgeleisebau bleiben noch 27,2 Mio. Dafür erhalten wir vom Bund einen Beitrag von 12,3 Mio Franken aus dem Agglomerationsfonds. Es bleiben rein rechnerisch noch 15 Mio für diese Tramstrecke.
Natürlich müssen die oben erwähnten Strassenbau-, Tunnelverstärkungs- und Bahnhofsplatzumgestaltungskosten auch vom Kanton bezahlt werden. Aber: dafür erhalten wir auch Strassen- und Platzräume, die den Anforderungen der verschiedensten Verkehrsträger entsprechen. Und wie bereits gesagt: dass der Tramtrassee-Raum von einem Autobahntunnel untergraben ist, darf nicht dem Tram angelastet werden!
Ganz zum Schluss nochmals zurück zur «Erlenmatt»: hier bietet sich auch die Gelegenheit, ein neu erschlossenes Gebiet gleich vom ersten Tag an direkt mit den Arbeitsplätzen in der Pharmaindustrie einerseits und dem naheliegenden Pendlerbahnhof, dem «Badischen», zu erschliessen. «Gelegenheit macht ÖV-Benützende», diese Erfolgsgeschichte wurde andernorts schon mehrfach vorgelebt. Das sollte doch auch im ÖV-freundlichen Basel möglich sein!
Auf einer teilweise ähnlichen Route verkehrt in den heutigen Tagen die Buslinie 30. Zwischen Bahnhof SBB und Badischer Bahnhof ist sie regelmässig in den Stosszeiten sehr stark frequentiert. Es müssen Kurse im dreieinhalb Minuten-Betrieb geführt werden. Ein moderner Tramzug hat das doppelte Fassungsvermögen, befördert im sieben Minuten-Betrieb dieselbe Anzahl Passagiere. Mit dem Teilstück Badischer Bahnhof – Musical Theater würde der Anfang dieser innerstädtischen Entlastungslinie gemacht.
Allerorts wird die Dichte der der Hauptachse Barfüsserplatz-Schifflände-Messeplatz beklagt. Mit der künftigen Linie 30 Bahnhof SBB – Johanniterbrücke – Feldbergstrasse – Erlenmatt – Badischer Bahnhof haben wir eine Alternativroute, die auch betriebstechnisch Sinn macht. Denken wir nur an mögliche Störungen im Abschnitt Badischer Bahnhof – Messeplatz: ganz Riehen, auch das Hirzbrunnen, ist von der Zufahrt in die Innenstadt abgeschnitten. Eine westliche, innerstädtische Ringverbindung zum Grossbasel und zum Gebiet Bahnhof SBB wäre Gold wert! Das dürfen wir uns etwas kosten lassen, das muss es uns wert sein!