In Frankreich steht die frühere Arbeitsministerin und ehemalige Sozialistenchefin Martine Aubry im Visier der Justizbehörden. Gegen Aubry wird im Zusammenhang mit Asbest-verseuchten Arbeitsplätzen wegen fahrlässiger Tötung und Verletzung ermittelt.
Die Eröffnung des Ermittlungsverfahren ist Ergebnis von Aubrys Befragung durch die Untersuchungsrichterin Marie-Odile Bertella-Geffroy am Dienstag in Paris. Die Befragung dauerte siebeneinhalb Stunden, wie Aubry am Abend mitteilte.
Für Sicherheit am Arbeitsplatz zuständig
Aubry war von 1984 bis 1987 als leitende Beamtin im Arbeitsministerium, an dessen Spitze sie später stand, unter anderem für die Sicherheit am Arbeitsplatz zuständig. Die französische Justiz prüft derzeit den Umgang der Behörden mit Asbest.
Martine Aubry war im September von ihrem Amt als Vorsitzende der Sozialistischen Partei zurückgetreten, kurz vor dem Ende ihrer Amtszeit Ende Oktober. Ihr Nachfolger Harlem Désir kritisierte die Vorladung von Aubrys als „schockierend und nicht nachvollziehbar“.
In einer Stellungnahme ihrer Anwälte beteuerte Aubry vergangene Woche, sich im Arbeitsministerium immer für den Schutz der Beschäftigten eingesetzt zu haben. Sie kündigte zugleich an, ein mögliches Ermittlungsverfahren gegen sie vor Gericht anfechten zu wollen.
In Frankreich seit 1997 verboten
Obwohl seit den 1950er Jahren bekannt ist, dass Asbest-Teilchen Lungenkrebs auslösen können, wurde der Umgang mit diesem Werkstoff – der beispielsweise zur Isolierung von Gebäuden eingesetzt wurde – in Frankreich erst 1977 reglementiert. Erst 1997 erliess die französische Regierung ein Asbestverbot.
In der Schweiz ist Asbest seit 1990 verboten. In vielen vor diesem Stichjahr gebauten Gebäuden ist das krebserregende Material verwendet worden. Eine asbestbedingte Berufskrankheit wurde in der Schweiz 1939 zum ersten Mal anerkannt.