Erneut im Zeichen der Finanznot

Für Sauber soll es nach den finanziellen Wirren der letzten Tage in dieser Saison wenigstens im sportlichen Bereich einen Schritt vorwärts gehen. Der C35 erweist sich bislang als zuverlässiges Auto.

Erster Wettkampf-Einsatz in Melbourne: Der neue Sauber C35 (Bild: sda)

Für Sauber soll es nach den finanziellen Wirren der letzten Tage in dieser Saison wenigstens im sportlichen Bereich einen Schritt vorwärts gehen. Der C35 erweist sich bislang als zuverlässiges Auto.

Die Angestellten des Teams Sauber hatten im Vorfeld des Saisonauftakts erneut hektische Tage hinter sich. Die Erinnerungen kamen wieder hoch an die Zeit vor zwölf Monaten. Damals hatte der vor Gericht ausgefochtene Streit mit Giedo van der Garde für Verwirrung und Chaos gesorgt und die Formel 1 als Gesamtes in Atem gehalten. Der Niederländer, der auf das vertraglich vereinbarte Startrecht als Stammfahrer gepocht hatte, zog seine Ansprüche nach der (Rück-)Zahlung von angeblich 15 Millionen Franken erst in allerletzter Minute zurück. Nunmehr war es ein weiteres Mal die finanzielle Not, die Unsicherheit und Existenzängste säte. Die Mitte letzter Woche aus Hinwil verbreitete Meldung über die Begleichung der ausstehenden Löhne für den Februar hat die Lage entspannt. Ausgestanden dürften die Sorgen rund um das liebe Geld indessen nicht sein. Dass rund zwei Drittel der Belegschaft das Gehalt mit erheblicher Verzögerung erhalten hat, lässt erahnen, dass die Lage sehr ernst ist. Zumal dies zuvor in der Firmengeschichte überhaupt noch nie vorgekommen ist.

Die Suche nach dem Hauptsponsor

Für die verbesserte Liquidität soll ein Hauptsponsor sorgen. Verhandlungen mit möglichen potenten Partnern sind offenbar im Gange. Allerdings sind solche Wasserstandsmeldungen aus Hinwil in den vergangenen Jahren oft zu hören gewesen – und haben sich stets in Luft aufgelöst. Seit dem Rückzug von BMW aus der Formel 1 Ende 2009 nach nur vier Jahren als Eigentümer und dem Rückkauf durch Firmengründer Peter Sauber ist der aufreibende Kampf um den Fortbestand des Teams ständiger Begleiter. Mit Schaudern denken Beteiligte und Aussenstehende zurück an die Posse um die Stiftung Qadbak, die von BMW vor der Übereinkunft mit Peter Sauber als neue Besitzerin präsentiert worden war. Die Liaison mit der Investment-Gruppe, die Interessen reicher Familien in Europa und im Nahen Osten vertritt, entpuppte sich als Seifenblase.

Schlagzeilen produzierte auch der im Sommer 2013 verbreitete Einstieg von drei russischen Partnern. Über die nie im gewünschten Ausmass erzielte Übereinkunft wurde von Beginn an mehrheitlich der Mantel des Schweigens gehüllt, die Beziehungen wurden bald einmal eingestampft. Es folgten Intermezzos mit dem schwerreichen Kanadier und Wahlgenfer Lawrence Stroll, der eine Beteiligung mit der Zusicherung für eine spätere Cockpit-Garantie für seinen Filius Lance verknüpft haben wollte, und mit dem Niederländer Marcel Boekhoorn, dem Schwiegervater Van der Gardes. Übrig geblieben waren stets unerfüllte Hoffnungen.

Seit Malaysias staatlicher Mineralöl-Konzern Petronas die Zusammenarbeit vor gut sechs Jahren beendet hat und sich seither in der Equipe von Mercedes engagiert, ist der Platz des ersten Geldgebers beim Rennstall Sauber verwaist. Die Zurückhaltung der in Frage kommenden Unternehmen ist im gewissen Sinn nachvollziehbar. Ein Engagement im obersten Segment bei einem Formel-1-Team ist mit Kosten in der Grössenordnung von mindestens 30 Millionen Franken pro Jahr verbunden. Selbst für internationale Grosskonzerne ein immenser Brocken für einen einzelnen Posten auf der Ausgabenseite der Marketing-Abteilung. Teamchefin Monisha Kaltenborn setzt ihren Kampf gleichwohl unbeirrt fort – und hofft weiter.

Zuverlässiger C35

Auch wenn es schwer fällt. Primär für die Crew vor Ort in Australien gilt es dieser Tage, die unsichere, angespannte Situation beim Arbeitgeber auszublenden. Der Fokus ist ab sofort wieder auf das Sportliche zu richten – auf eine Saison, in der beim Team Sauber auf den Rennstrecken im Vergleich zum letzten Jahr vieles besser werden soll. Das neue Auto kam zwar erst Anfang März während der zweiten Tranche der Testfahrten in Montmeló zum Einsatz – was wohl auch mit dem finanziellen Engpass im Zusammenhang stand. Der C35 erwies sich in Katalonien aber in der auf vier Tage verkürzten Vorbereitung als zuverlässiges Gefährt.

Die erste Hälfte hatten Felipe Nasr und Marcus Ericsson noch mit dem Vorjahreswagen bestreiten müssen. Der Brasilianer und der Schwede, die mit ihrer Mitgift in zweistelliger Millionen-Höhe einen grossen Teil des Team-Budgets abdecken, nehmen als Angestellte des Schweizer Rennstalls ihre zweite Saison in Angriff. Beide peilen sie eine im Vergleich zum Vorjahr gesteigerte Performance an. Verbesserte Leistungen wünscht sich auch Monisha Kaltenborn – nicht zuletzt als gewichtiges Argument in ihren Verhandlungen mit möglichen Geldgebern.

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