Der US-Astronaut John Glenn, der als erster Amerikaner die Erde umkreiste, ist tot. Glenn starb am Donnerstag im Alter von 95 Jahren in einem Spital im US-Bundesstaat Ohio.
Ohios Gouverneur John Kasich sprach von einem «Anlass zur Trauer für uns alle». «Der Tod von John Glenn macht uns traurig», teilte die US-Raumfahrtbehörde NASA mit. «Ein wahrer amerikanischer Held.»
Der Astronaut habe den Amerikanern beigebracht, dass es «mit Mut und Entdeckergeist keine Grenze gibt bei den Höhen, die wir zusammen erreichen können», sagte US-Präsident Barack Obama. Glenn habe Generationen von Wissenschaftlern, Ingenieuren und Astronauten begeistert.
«Der letzte von Amerikas ersten Astronauten hat uns verlassen. Aber ihr Beispiel lehrt uns, dass unsere Zukunft auf der Erde uns dazu zwingt, in neue Höhen zu streben.»
Am 20. Februar 1962 zwängte sich John Glenn auf dem Weltraumbahnhof Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida in die winzige Mercury-Kapsel «Friendship 7». Als erster US-Raumfahrer umrundete John Glenn dann in knapp fünf Stunden den Planeten – und schrieb Geschichte.
Geboren wurde Glenn 1921 im US-Bundesstaat Ohio als Sohn eines Eisenbahnschaffners. Nach einem Mathematikstudium kam er 1942 als Kadett zu den Marinefliegern. Schon zwei Jahre später flog er im Zweiten Weltkrieg von den Marshall-Inseln aus rund 60 Kampfeinsätze im Pazifik, Jahre später während des Korea-Feldzugs noch einmal so viele. Er zählte zu den erfolgreichsten Piloten seiner Zeit, wurde dutzendfach dekoriert. Dann testete er als Versuchsflieger neue Flugzeuge und wurde so schliesslich Astronaut.
Der allererste Amerikaner im Weltraum wurde Glenn allerdings nicht. Diese Ehre wurde am 5. Mai 1961 dem 1998 gestorbenen Alan Shephard zuteil, der an Bord einer Mercury-Kapsel ins All geschossen wurde und wenige Sekunden in der Schwerelosigkeit verbrachte.
Mit Wutausbruch Chance vertan
Glenn hatte sich der Legende nach mit einem Wutausbruch die Chance auf diese Pole-Position selbst verbaut: Das Mitglied der Presbyterianer-Kirche rief seine lebenslustigen Astronautenkollegen 1961 recht harsch dazu auf, nicht jeder Frau hinterher zu rennen, weil sie damit den Ruf des gesamten Raumfahrtprogramms gefährdeten. Die verärgerten Kollegen rächten sich und stimmten dagegen, dass Glenn als erster oder zweiter Amerikaner ins All fliegt.
Den Rekord des ersten Amerikaners, der die Erde umrundet, bekam er 1962 dann aber trotzdem. «Der Tag hat sich in mein Gedächtnis eingebrannt», sagte er ein halbes Jahrhundert später dem Radiosender NPR. «Es fühlt sich an, als ob es erst zwei Wochen her wäre und nicht 50 Jahre. Zurückschauen ist okay – aber ich schaue lieber nach vorne.»
Ältester Raumfahrer
Am 29. Oktober 1998 schaffte er einen zweiten Rekord: Kein Astronaut zuvor war so alt wie Glenn mit 77 Jahren, als er unter den Augen von Millionen begeisterter TV-Zuschauer mit dem Space Shuttle «Discovery» zu einem neuntägigen Weltraumeinsatz startete. Mit dem Flug sollte untersucht werden, wie sich die Schwerelosigkeit auf ältere Menschen auswirkt. Glenn überstand ihn problemlos und scherzte später, er habe beweisen wollen, «dass Senioren eines Tages Urlaub im All machen können».
Die Zeit zwischen seinen Weltraumflügen nutzte er als erfolgreicher Politiker. 1974 gewann er – sicher unterstützt durch seinen Ruhm als Astronaut – die Wahl zum US-Senator. Den Posten hielt er fast ein Vierteljahrhundert. In der Politik musste der Demokrat allerdings auch harte Niederlagen einstecken. 1976 scheiterte er daran, Vize-Präsidentschaftskandidat von Jimmy Carter zu werden. 1984 nahm Glenn einen vergeblichen Anlauf, für seine Partei als Präsidentschaftskandidat ins Rennen zu gehen.
Fit bis ins hohe Alter
Trotzdem konnte Glenn, der 1943 seine Frau Anna Margaret geheiratet und mit ihr zwei Kinder hatte, von der Politik nie ganz lassen. Mit einem nach ihm benannten Institut an der Universität von Ohio wollte er Jugendliche für Regierungsämter fit machen. Auch in das Weltraum-Programm der NASA mischte er sich immer wieder öffentlichkeitswirksam ein und kritisierte zum Beispiel die Abhängigkeit von Russland bei den bemannten Raumflügen.
Bis ins hohe Alter hielt sich Glenn zudem mit Gewichtheben und Golf fit. Sein kleines Flugzeug verkaufte er erst mit fast 90 Jahren – nachdem sowohl er als auch seine Frau künstliche Kniegelenke eingesetzt bekommen hatten. Nur unter Schmerzen habe er sich von seiner Beechcraft Baron getrennt, sagte Glenn damals dem Radiosender NPR. «Aber ich liebe es immer noch zu fliegen und das wird immer so bleiben.»