Millionen Yoga-Liebhaber in Indien und auf der Welt haben ihre Körper zum ersten Welt-Yoga-Tag gebogen und gedehnt. Allein in der indischen Hauptstadt Neu Delhi kamen am Sonntag nach offiziellen Angaben 37’000 Menschen für die Simultan-Übungen zusammen.
Premierminister Narendra Modi, der eigentlich nicht mitmachen wollte, stellte sich spontan doch in die erste Reihe. Die Vereinten Nationen hatten im vergangenen Jahr auf den Vorschlag Indiens hin den 21. Juni zum Welt-Yoga-Tag erklärt.
«Für viele ist Yoga nur eine Leibesübung, doch das ist nicht richtig», sagte Modi kurz vor der Darbietung. «Yoga spricht den Geist, den Körper und die Seele an.» Yoga helfe den Menschen überall auf der Welt, sich von Stress zu befreien.
Die philosophische Lehre entstand vor mindestens 5000 Jahren im Gebiet des heutigen Indiens. Dabei geht es um innere Harmonie sowie Gleichklang mit der Natur.
Auch Soldaten machen mit
Etwa zwei Millionen Soldaten und Kadetten auf dem Subkontinent stimmten nach offiziellen Angaben mit in die Übungen ein – egal, ob sie auf einem Flugzeugträger im Meer stationiert waren oder auf einem Gletscher in den Himalaya-Bergen.
Auch Beamte, Schulkinder und Bürger in jeder grösseren Stadt wurden dazu angehalten, die 35-minütige Performance nicht zu verpassen. Die Übung endete mit einer kurzen Meditation und einem Friedensgebet.
In Neu Delhi sassen in den Reihen in Weiss auch Minister und ausländische Diplomaten. Der Königsboulevard Rajpath im Herzen der Hauptstadt war für das Spektakel in einen 1,4 Kilometer langen Sportplatz mit bunten Yoga-Matten verwandelt worden.
«Yoga ist gut, um Körper und Geist fit zu halten. Wir werden es unser ganzes Leben lang machen», sagte die zwölfjährige Khushboo Siddiqui, die mit ihrer Schulklasse kam. «Yoga vertreibt die Anspannung – so kann man ohne Medikamente gesund bleiben», ergänzte Sumedha Rawat aus Delhi.
Indiens Botschaften hatten Veranstaltungen in weiteren 191 Ländern organisiert. So kamen Yoga-Liebhaber etwa unter dem Eiffelturm, in einer Sporthalle in Singapur, auf dem Dschingis-Khan-Platz im mongolischen Ulan-Bator, vor dem Angkor-Wat-Tempel im Kambodscha und im Inselstaat Malediven zusammen. An diesem Tag würden 24 Stunden lang Menschen irgendwo auf der Welt die Sonne begrüssen, sagte Modi.
Auch kritische Stimmen
Die Resolution für den Welt-Yoga-Tag war im vergangenen Jahr von 177 Ländern unterstützt worden, alle 193 UNO-Länder verabschiedeten sie. In Indien erntete der Vorstoss der hindu-nationalistischen Regierung auch Kritik. Vor allem muslimische Gruppen meinten, mit Yoga zusammen werde auch der Hinduismus propagiert.
«Yoga gehört zu keiner Religion», stellte Aussenministerin Sushma Swaraj daraufhin klar. Auch wurde das meditative «Om» für den Tag gestrichen. Bei den Yoga-Übungen waren – trotz Fastenzeit – viele Muslime zu sehen.
Indische Medien hatten in den vergangenen Tagen und Wochen kaum ein anderes Thema, überall liefen Interviews mit Yoga-Gurus, TV-Spots, Talkrunden. Der Tag könne nur ein erster Schritt sein, sagte die Yoga-Lehrerin Nivedita Joshi. «Nun muss es mit mehr Tiefe vermittelt werden: Yoga ist eine Wissenschaft, eine Kunst und eine Philosophie.»