Es geht ihm immer noch gut, dem Kunstmarkt

Der Basler Kunstmesse-Jahrgang 2015 liegt hinter uns, und so glücklich, wie man sich überall gibt, hat man das Gefühl: Den Kunstmarkt kann im Moment schlicht nichts und niemand trüben. Man kennt das nun schon seit ein paar Jahren: Als die Art Basel am Donnerstag ihre Türen für das Nicht-VIP-Publikum öffnete, waren die wichtigsten Geschäfte schon […]

Emblematisch für den Kunstmarkt? Jim Shaws «The Cavern» bei Blum & Poe.

Der Basler Kunstmesse-Jahrgang 2015 liegt hinter uns, und so glücklich, wie man sich überall gibt, hat man das Gefühl: Den Kunstmarkt kann im Moment schlicht nichts und niemand trüben.

Man kennt das nun schon seit ein paar Jahren: Als die Art Basel am Donnerstag ihre Türen für das Nicht-VIP-Publikum öffnete, waren die wichtigsten Geschäfte schon gemacht. Schon war für die Galeristen die Zeit reif, diesen Jahrgang zu loben – und man hörte wirklich nur lobende Worte, ob von der Basler Galerie von Bartha, dem Zürcher Peter Kilchmann oder der internationalen Supergrösse Gagosian. Die Art Basel, sie hatte schon nach zwei Tagen wieder bewiesen, dass sie immer noch die grösste und wichtigste Kunstmesse weltweit ist.

Trotzdem muss sich auch die Art manchmal etwas einfallen lassen, damit das so bleibt, und so hatte die Messe dieses Jahr die grösste Restrukturierung hinter sich seit dem Jahr 2006 – bezogen auf die Standeinteilung. Früher, da glich das Erdgeschoss einem Museum: Werke der klassischen Moderne und solche bis in die 70er-Jahre des 20. Jahrhunderts besetzten die Standplätze. Bis immer mehr Zeitgenössisches reintropfte, weil der historische Markt mehr und mehr auszutrocknen begann, beziehungsweise sich auf die Auktionshäuser verlagerte. An die Art, die einst stark war in diesem Kunstsegment, wurden Vorwürfe laut, man würde zu sehr dem Hype nachrennen – und die alten Stärken vergessen.

Nicht jede Galerie freut sich über den Umbau

Also hat Direktor Marc Spiegler aufgeräumt: Er hat die verbliebenen Galerien mit historischen Werken näher zueinander gerückt, um quasi ein Cluster zu schaffen. Und sie zudem dazu angeregt, ihre Lager zu plündern und mitzubringen, was sie an Werken der 1940er-, 50er- und 60er-Jahre noch finden können. Tatsächlich hatte man zumindest das Gefühl, es seien wieder mehr Picassos zu sehen als auch schon – der Bereich der Kunst der 70er- oder 80er-Jahre jedoch fiel ziemlich mager aus. Amerikaner wie Jasper Johns? Fast komplette Fehlanzeige. Auch von Andy Warhol stand schon bedeutend mehr zum Verkauf.

Nicht jede Galerie hatte zudem Freude am Umzug. Angestammte Plätze gibt man nur ungern auf, schliesslich sollen die Sammler einen ja noch finden. Manch ein Galerist rutschte in die zweite Reihe, damit eine Art exklusiver innerer Kreis geschaffen werden konnte: Wer sich im Erdgeschoss entlang des Rundhofes bewegte, fand dort alle Grossen vereinigt – David Zwirner, Helly Nahmad, Gagosian, Hauser & Wirth, White Cube, Pace und so weiter und so fort.

Der exklusive innere Kreis

Fürs Publikum war das ein Gewinn, der richtige Entscheid der Messeleitung, denn der Eindruck ist ein sehr aufgeräumter. Und den Verkäufen hat das neue Regime ebenfalls keinen Abbruch getan, vor allem natürlich nicht bei diesem «inneren Kreis» der erlauchten Galerien, die zu regelrechten Brands geworden sind. Was bei Gagosian an der Wand hängt, muss gut sein. Da gibt man dann auch gern etwas mehr aus, als eigentlich marktüblich wäre. Dass das die Preise überall in die Höhe treibt, interessiert keinen.

Der Kunstmarkt passt sich hier anderen Märkten an – dem Modemarkt etwa. Würde Chanel eine Handtasche kreieren, die eine Plastikente darstellt, fände sich bestimmt jemand, der dafür 80’000 Dollar hinblättert. Ist ja schliesslich Chanel.

Eitel Sonnenschein

Während der Art Basel blendet man derlei aber auch gerne aus. Jubel, Trubel, Heiterkeit sind angesagt, die Kunst-Süchtigen werden endlich wieder bedient. Da redet dann auch kaum einer über die dubiosen Seiten des Handelns oder über die mangelnde Transparenz im Kunstmarkt. Wie die Preise zustande kommen, wer sie warum zahlt. Wenn Leonardo DiCaprio am Stand von Helly Nahmad rumsteht, dann freuen sich die Paparazzi. Und keiner denkt mehr daran, dass besagter Galerist in den USA im vergangenen Jahr wegen illegaler Glücksspieltätigkeiten verurteilt wurde.

Doch ob an der Art Basel oder im Kunstmarkt überhaupt – eine Woche lang herrscht eitel Sonnenschein, den Regenwolken am Himmel zum Trotz. Glückliche Gesichter allerorten, auch an der Liste, die ihr 20. Jubiläum gewohnt bravourös hinter sich brachte, und zu der die Sammler auch hinströmten wie die Bienen zum Bienenstock.

Zufriedene Nebenmessen

Und auch Alexis Hubshman, Präsident der Scope, bezeichnet sich als happy. Der «Fluss des Publikums» sei in Basel zwar ein anderer als an den beiden anderen Standorten, welche die Scope bespielt: Miami und New York. Das überrascht nicht, die Scope bedient mit ihrem poppigen Ruf das amerikanische Publikum, das nach Party lechzt, sehr gut. Und übersetzt heisst das, was Hubshman sagt: Es war recht ruhig im Messezelt im Hafenareal. Doch die Galeristen – vornehmlich aus dem asiatischen Raum – seien zufrieden, sie hätten viele neue Sammler kennengelernt.

Die eigentliche Überraschung aber erlebte man dieses Jahr bei der Volta11. Kämpfte die Messe, die vor elf Jahren in der Voltahalle anfing und dann in der Stadt herum mäandrierte, letztes Jahr mit äusserst schwachem Publikumsaufmarsch, so dürfen die Verantwortlichen 2015 mehr als zufrieden sein. Viele Sammler fanden ihren Weg in die Markthalle und kauften, die Party am Donnerstag entwickelte sich laut Aussagen der Messeleitung zum Knüller, man freute sich über Full House.



Kendell Geers am Stand von ADN an der Volta11.

Kendell Geers am Stand von ADN an der Volta11. (Bild: Karen N. Gerig)

Und auch die Besucher durften sich freuen: Die Volta11 bot Kunst, die sich sehen lassen kann. Gleich ein paar Künstler, die aktuell an der Biennale in Venedig ausstellen, konnte man dort entdecken, darunter Herman de Vries (Conrads, Düsseldorf), der den niederländischen Pavillon bespielt. Und auch auf andere bekannte Namen traf man, von Krištof Kintera, der kürzlich noch im Museum Tinguely zu sehen war, bis Kendell Geers.

Macht die Volta so weiter, könnte sich sich (wieder) zu einem Liebling entwickeln. Dazu bleibt zu hoffen, dass ihnen die Markthalle noch ein Weilchen ein Dach über dem Kopf bietet. Bis 2017 ist das vertraglich zugesichert – dann muss man weitergucken, weil dann auch der Vertrag der Markthallen AG einer Erneuerung bedürfte.

Alles auf einen Blick
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