Die Einführung der umstrittenen PKW-Maut in Deutschland verzögert sich offenbar. Doch ob sie überhaupt kommt, ist noch nicht sicher: Für die EU-Kommission ist die Abgabe diskriminierend – sie hat deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet.
Die Kommission habe «erhebliche Zweifel», dass die Mautpläne dem EU-Recht entsprächen, teilte EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc am Donnerstag in Brüssel mit. Die Behörde vermutet, dass die deutschen Gesetze Ausländer benachteiligen.
«Eine Strassennutzungsgebühr ist nur dann EU-rechtskonform, wenn sie nicht auf Grund der Staatsangehörigkeit diskriminiert», erklärte Bulc. Daran hat sie bei den deutschen Plänen aus zwei Gründen Zweifel.
Zum einen würden allein in Deutschland registrierte Fahrer die Maut nicht zahlen, weil sie bei der Kfz-Steuer entsprechend entlastet würden. Zum zweiten seien die Preise für Kurzzeitvignetten, die typischerweise für Ausländer vorgesehen seien, überproportional teuer.
Die EU-Kommission hatte bereits in den vergangenen Monaten immer wieder Bedenken gegen die Mautpläne geäussert. Sie setzte Deutschland nun eine Frist von zwei Monaten, um auf die Einleitung des Verfahrens zu reagieren. Dabei sei sie auch «weiterhin bereit, in dieser Angelegenheit konstruktiv mit den deutschen Behörden zusammenzuarbeiten», teilte die Kommission mit.
Deutschland zögert, stoppt aber nicht
Zuvor hatte der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt gesagt, er wolle vor einer Einführung der Strassen-Abgabe abwarten, wie das erwartete EU-Verfahren zur Konformität ausgehe. Die Maut komme daher nicht schon 2016.
«Mit der Eröffnung eines Vertragsverletzungs-Verfahrens bremst die EU-Kommission die Umsetzung der Infrastrukturabgabe. Wir verhalten uns rechtsstaatlich und werden eine Gerichtsentscheidung abwarten», sagte Dobrindt der Zeitung «Bild».
Er werde die Vorbereitungen für die Einführung jedoch wie geplant weiter vorantreiben, sagte Dobrindt: «Die Bundesregierung hat eindeutig nachgewiesen, dass die Maut-Gesetze EU-konform sind. Deshalb bereiten wir Ausschreibung und Vergabe des Maut-Modells vor.»
Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs könnten dann Suche und Auswahl eines Betreibers erfolgen, um die Abgabe umzusetzen, sagte er weiter. «Von unserem Kurs, mehr Gerechtigkeit auf der Strasse zu schaffen, lassen wir uns nicht abbringen.» Eine Benachteiligung ausländischer Autofahrer sei ausdrücklich nicht gegeben, sagte Dobrindt.