Zur Bekämpfung von Terrorismus und organisiertem Verbrechen wird das Waffenrecht in der EU verschärft. Eine entsprechende Richtlinie wurde am Dienstag in Strassburg vom EU-Parlament verabschiedet. Die Schweiz als Schengen-Land muss die neue Regelung übernehmen.
Wegen des Widerstands eigener EU-Abgeordneter, vor allem aber einiger EU-Mitgliedsländer blieb das neue Gesetz hinter den Vorschlägen der EU-Kommission zurück.
Es schreibt eine bessere Kennzeichnung für Schusswaffen und ihre Bestandteile vor. Auch sollen die Kontrollen von unzureichend deaktivierten Feuerwaffen verschärft werden. Solche deaktivierte Feuerwaffen, die leicht wieder funktionsfähig gemacht werden können, hatten die Attentäter bei den Pariser Terroranschlägen vom November 2015 verwendet.
Künftig sind zudem halbautomatische Kurzwaffen verboten, die mehr als 20 Patronen aufnehmen können. Auch halbautomatische Langwaffen mit Magazinen von mehr als zehn Schuss sind untersagt. Ausnahmen gibt es für Museen, Sammler oder Sportschützen. Sie dürfen unter Umständen die grundsätzlich verbotenen Waffen kaufen.
Neue Datenbank
Ausserdem werden die EU-Staaten zum Informationsaustausch über die von ihnen erteilten Lizenzen zum Besitz von Schusswaffen verpflichtet. Dazu müssen sie eine Datenbank einrichten. Darin sollen Informationen gespeichert werden, welche die Rückverfolgung und Identifizierung von Feuerwaffen ermöglichen.
Regelmässige medizinisch-psychologische Tests für Waffenbesitzer sollen laut der neuen EU-Richtlinie möglich, aber nicht zwingend sein. Kritiker des neuen Waffengesetzes monieren, dass die Vorgaben zu viele Ausnahmen zulassen und EU-Staaten wie Parlament der Waffenbesitzerlobby zu stark entgegen gekommen sind.
Auf den Kompromiss hatten sich Unterhändler des EU-Parlaments und der Mitgliedsstaaten nach zähen Verhandlungen im Dezember geeinigt. Die EU-Staaten haben ab dem Inkrafttreten 15 Monate Zeit, die neuen Regelungen in die Praxis umzusetzen. Innerhalb von 30 Monaten müssen sie ein Datenbanksystem zur Registrierung und Rückverfolgung und Identifizierung von Feuerwaffen einrichten.
Schweiz muss übernehmen
Die Schweiz als Schengen-Staat muss die neuen EU-Regeln übernehmen. Der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission hatte jedoch hierzulande hohe Wellen geworfen.
Grund dafür war das vorgeschlagene Verbot für halbautomatische Waffen für den Privatgebrauch. Davon betroffen gewesen wären all jene, die nach dem obligatorischen Militärdienst ihre Ordonnanzwaffe – meistens Sturmgewehre, die von vollautomatischen zu halbautomatischen Waffen umgebaut werden – behalten wollen. Das sind immerhin rund 10 Prozent.
Doch schliesslich gelang es der Schweizer Diplomatie, eine Sonderregelung für das Armee-Sturmgewehr in der EU-Richtlinie unterzubringen.
Aus Schweizer Sicht eine einschneidende Änderung bleibt jedoch die beschlossene Beschränkung der Magazinkapazität. Im ausserdienstlichen Schiesswesen wird heute mit Magazinen mit bis zu 20 Schuss geschossen, in anderen Disziplinen sind auch grössere Magazine verbreitet.
Ebenfalls nicht mehr zulässig sind halbautomatische Waffen, die von der Schulter abgefeuert werden und die mit eingeklapptem Schaft weniger als 60 Zentimeter messen. Das betrifft vor allem zivile Maschinenpistolen.
Der Schweizer Schiesssportverband (SSV) kündigte am Dienstag zusammen mit dem Verein für eine sichere Schweiz «Pro Tell» und der Interessengemeinschaft Schiessen ein Referendum an, falls die Schweiz die neue EU-Regelung übernehmen wird. Tut sie dies jedoch nicht, droht ihr am Ende gar der Schengen-Ausschluss.