Die EU-Innenminister diskutieren in Luxemburg über Terrorismus und Migration. Ein Thema ist auch das EU-Türkei-Abkommen. Für Bundesrätin Simonetta Sommaruga, die am Treffen teilnimmt, gibt es da noch viele offene Fragen.
Neben rechtlichen Fragen gebe es praktische Fragen zur Umsetzung zu klären, sagte Sommaruga am Donnerstag vor dem Treffen.
Die EU und die Türkei hatten unter anderem vereinbart, jeden Syrer, der illegal von der Türkei nach Griechenland kommt, wieder zurückzuschicken. Im Gegenzug ist die EU bereit, für jeden Zurückgeschickten einen Syrer direkt aus der Türkei zu übernehmen. Damit will man das Geschäftsmodell der Schlepper zerstören.
Im Fachjargon wird die Übernahme von Flüchtlingen aus einem Drittstaat «Resettlement» genannt. Bereits Mitte letzten Jahres hatte die EU ein Resettlement-Programm von 22’000 Flüchtlingen beschlossen. Dieses war jedoch nicht auf die Türkei zugeschnitten.
Damals hatte sich die Schweiz bereit erklärt, an diesem Programm mitzumachen und 519 Schutzsuchende zu übernehmen. Denn die Schweiz nimmt via Dublin-Abkommen teilweise an der EU-Asylpolitik teil.
Mit dem EU-Türkei-Pakt sollen nun in einem ersten Schritt 18’000 Menschen von dem letztjährigen Resettlement-Programm speziell für die Türkei reserviert werden. Wie und ob sich die Schweiz mit ihrem Kontingent an diesem 1-zu-1-Programm beteiligen wird, ist noch nicht klar. «Wir wollen zuerst wissen, wie das funktioniert», sagte die Justizministerin.
Problem mit EU-Türkei-Pakt nicht gelöst
Sommaruga betonte jedoch, «dass das Abkommen mit der Türkei nur einen Teil des Problems lösen kann». Es sei klar, dass die Menschen über andere Wege nach Europa kommen werden. Damit ist vor allem Italien gemeint. Bereits bereitet sich Österreich am Brennerpass auf die Ankunft von vielen Flüchtlingen vor, was bei den Italienern Verärgerung auslöste.
«Daher habe ich immer gesagt, dass wir eine gemeinsame Lösung finden müssen», sagte Sommaruga. Alle Staaten müssten Verantwortung übernehmen. «Das ist bis heute nicht geschehen. Ich werde mich weiter dafür einsetzen.»
Damit spielt die Bundesrätin auf die Revision des Dublin-Systems an. Denn die aktuellen Dublin-Regeln sehen vor, dass jenes Land für Asylverfahren zuständig ist, in dem die Flüchtlinge zum ersten Mal europäischen Boden betreten. Auf Grund dieser Regelung sind vor allem Griechenland und Italien an ihre Grenzen gestossen.
Reform von Dublin
Um die Lasten künftig etwas gerechter zu verteilen, hatte die EU-Kommission Anfang April zwei Vorschläge lanciert, wie «Dublin» reformiert werden könnte.
Die erste Option sieht eine weitgehende Beibehaltung der aktuellen Dublin-Regeln vor. Zusätzlich soll aber ein «korrigierender Fairness-Mechanismus» zur Umverteilung von Flüchtlingen eingeführt werden, der unter bestimmten Voraussetzungen ausgelöst werden soll.
Die zweite Möglichkeit sieht vor, dass künftig alle in Europa ankommenden Asylbewerber direkt nach einem fixen Schlüssel auf die EU-Staaten verteilt werden. Darüber werden die EU-Minister am Nachmittag diskutieren