Mit der Europäischen Union und den USA wollen die beiden grössten Handelspartner der Welt die verbleibenden Handelsschranken einreissen. Die Gespräche über eine transatlantische Freihandelszone sollen Mitte 2013 starten und die schwächelnde Wirtschaft auf beiden Seiten ankurbeln.
„Wir werden die grösste Freihandelszone der Welt ins Leben rufen“, sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Brüssel. US-Präsident Barack Obama hatte nur Stunden zuvor in seiner Rede zur Lage der Nation den Startschuss für die Gespräche gegeben.
Der EU-Handelskommissar Karel De Gucht sagte, mit einem Abschluss der Verhandlungen sei Mitte 2015 zu rechnen. Es betreffe alle Wirtschaftssektoren. Die EU erwartet angesichts der Handelskonflikte in der Vergangenheit allerdings schwierige Gespräche.
Schwächelnde Volkswirtschaften
Über eine transatlantische Freihandelszone wird bereits seit den 90er Jahren diskutiert. Seither haben die EU wie auch die USA im internationalen Handel an Einfluss verloren. Ausserdem schwächelt die Wirtschaft auf beiden Seiten des Atlantiks. Mit der Errichtung einer Freihandelszone könnten USA und EU nun ein Gegengewicht zu den aufstrebenden Volkswirtschaften in Asien schaffen.
Die Beseitigung der Handelsbarrieren könnte für die EU einen Zuwachs des Bruttoinlandprodukts um 0,5 Prozent pro Jahr bedeuten, rechnete Kommissionspräsident Barroso vor. Barack Obama sagte in seiner Rede vor dem Kongress in Washington, „freier und fairer“ Handel über den Atlantik werde Millionen von Jobs sichern.
Obama will in seiner zweiten Amtszeit die schwächelnde Wirtschaft seines Landes kräftig anschieben und setzt dabei auch auf den internationalen Handel.
Zölle bereits niedrig
Auf die EU und die USA entfallen 30 Prozent des Welthandels. Der Handel zwischen den Vereinigten Staaten und den EU-Ländern beläuft sich bei Gütern auf einen Wert von 600 Mrd. Dollar im Jahr, bei Dienstleistungen auf 1,2 Mrd. Dollar.
Die Zölle, die mit einem Abkommen abgeschafft würden, sind mit durchschnittlich vier Prozent bereits niedrig. Sie sind für die EU-Kommission denn auch von nachrangiger Bedeutung. Ihr geht es vielmehr um den Abbau von Handelshindernissen, die durch die unterschiedlichen technischen Standards und Zertifizierungen entstehen.
Durch die herrschenden Unterschiede bei den technischen Standards verteuern sich gewisse Produkten gemäss EU-Handelskommissar De Gucht um zehn bis zwanzig Prozent.
Unterschiedliche Auffassungen
Besonders weit auseinander liegen die Vorgaben für Lebensmittel und landwirtschaftliche Produkte. Hier dürften vor allem die Regeln für die Einfuhr von gentechnisch veränderten Futter- oder Lebensmitteln umstritten sein.
Die EU will ihre Restriktionen gegen genetisch veränderte Pflanzen aus dem Abkommen ausklammern. „Grundlegende Vorschriften“ über gentechnisch veränderte Organismen sollten nicht Gegenstand der Verhandlungen sein, sagte Barroso.
Auch von ihrem Verbot des Einsatzes von Wachstumshormonen in der Tierzucht will die EU nicht abrücken. Die Amerikanische Handelskammer in Deutschland riet deshalb, den Sektor Landwirtschaft ganz auszunehmen.
„Diskriminierungspotenzial“ für Schweiz
Aus der Sicht des Schweizer Wirtschaftsdachverbands economiesuisse brächte ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA ein erhebliches Diskriminierungspotenzial für die Schweiz mit sich.
Würden die USA beispielsweise Vorschriften zu Produktesicherheit oder Produktezulassungen gegenüber der EU stark reduzieren, wäre das ein grosses Problem für die Schweiz, sagte Jan Atteslander, Aussenwirtschaftsexperte bei economiesuisse.
Mit der Errichtung einer Freihandelszone könnten USA und EU nun ein Gegengewicht zu den aufstrebenden Volkswirtschaften in Asien schaffen. Downtown Singapur