Europas Konsumenten sollen weniger Plastiktüten benutzen und so die Umwelt schonen. Dazu will die EU-Kommission den europäischen Staaten künftig auch nationale Verbote erlauben.
«Plastiksäcke sind ein Symbol unserer Wegwerfgesellschaft», sagte EU-Umweltkommissar Janez Potocnik am Montag in Brüssel. «Sie bestehen aus Material, das Hunderte Jahre hält – aber wir nutzen sie nur für ein paar Minuten.»
Im Visier hat Potocnik Tüten mit einer Dicke von weniger als 50 Mikron – das entspricht 0,05 Millimetern. Es geht dem EU-Kommissar damit nur um leichte Wegwerf-Plastiksäcke, die beim Einkauf verwendet werden.
Gegen Mülltüten, Säcke für die Hinterlassenschaft beim Hundespaziergang oder schwere Plastik-Einkaufstaschen richten sich die Pläne nicht. Derzeit dürfen die EU-Staaten die Tüten zwar besteuern, aber nicht verbieten. Dies soll sich künftig ändern.
Denn unter den Folgen leiden die Umwelt und vor allem Meerestiere. Viele der Einweg-Tüten landen schliesslich im Meer. Dort verfangen sich Vögel und Fische in ihnen oder verschlucken kleine Partikel. Bei Nordseevögeln hatten 94 Prozent der untersuchten Tiere Plastik im Magen.
Starker Plastiksack-Verbrauch in Osteuropa
Knapp 200 Plastiktüten benutzt durchschnittlich jeder Europäer laut EU-Kommission pro Jahr, der Grossteil davon sind Einweg-Plastiksäcke. Während jedoch Dänen und Finnen relativ selten zur Plastiktüte greifen, ist der Konsum in Osteuropa und Portugal um ein Vielfaches höher.
Der Branchenverband Plastics Europe in Brüssel spricht sich nicht gegen eine Steuer aus – allerdings will er diese auf alle Arten von Plastiktüten, «weil sie zu wertvoll sind, um umsonst verteilt zu werden».
Der Verband warnte allerdings vor nationalen Sack-Verboten. Solch ein «Flickwerk an Regeln» schaffe rechtliche Unsicherheiten. Zudem sei es wichtiger, bestehende Vorgaben zum Umgang mit Müll umzusetzen, anstatt die Tüten zum Sündenbock zu machen.
Der Vorschlag der EU-Kommission benötigt noch die Zustimmung der EU-Staaten und des EU-Parlaments. Sprechen sich die beiden für die neue Regelung aus, haben die nationalen Regierungen zwei Jahre Zeit, um den Gebrauch der Tüten einzudämmen. Im besten Fall könnte dadurch der Verbrauch dieser Plastiksäcke um 80 Prozentpunkte sinken, erklärte Potocnik.
Situation in der Schweiz
In der Schweiz wird voraussichtlich ab Januar 2015 die Gratisabgabe von Wegwerf-Plastiksäcken an den Kassen der Detailhändler verboten – ab dann werden Plastiksäcke kostenpflichtig sein. Von diesem Verbot nicht betroffen sind laut Bundesamt für Umwelt (BAFU) jedoch Plastiksäcke für Früchte und Gemüse.
Das BAFU wird zusammen mit der betroffenen Branche zudem eine Lösung erarbeiten, wie die Plastiktüten ersetzt werden können. Ziel ist laut BAFU, «dass die ökologisch sinnvollste» Lösung zum Zuge kommt, die aber auch «wirtschaftlich tragbar» ist.
Die Migros Waadt ihrerseits bietet seit dem 1. November ihren Kunden neu anstatt der Wegwerf-Plastiksäcke kostenpflichtige Säcke aus Biokunststoff an ihren Kassen an – für fünf Rappen pro Stück. Man wolle damit den Entscheid des Bundes vorwegnehmen, schreibt das Unternehmen auf seiner Homepage.